UFOMAMMUT, USNEA
D-Wiesbaden, Schlachthof (Kesselhaus) - 5. Oktober 2017
Wir haben´s doch wieder getan, uns in den Zug gesetzt, und fünf Tage nach der Enttäuschung um Windhand erneut den „Schlachter“ in Wiesbaden beglückt. Sturmtief „Xavier“ ließ uns durch. Anstifter waren Italiens Ufomammut, die wir nach unserer ersten Begegnung in Rom 2014 schon fast wie in einer Tradition einmal im Jahr wiedersehen müssen - heute obendrein mit Usnea, die starken Tobak versprachen, richtigen Blackened Funeral Doom... Mit achtzig Leuten war der Konzertraum „Kesselhaus“ heute lichter besetzt als noch bei Windhand. Und: Es waren deutlich angenehmere Zeitgenossen. Regelrecht gemütlich war es heute im Rheingau!
Eine vom Baum hängende Flechte, auch Bartflechte oder Baumbart genannt: Nichts anderes heißt „Usnea“ ins Deutsche übersetzt. Auch unsere Lieblingsmusik, der Doom, wird immer mehr von Flechten befallen und dadurch krank und schwach. Immer mehr alte Helden verziehen sich, eine neue Generation reift heran. Nur wenig davon ist „Doom“. USNEA aus dem Pazifik-Wunderland Oregon sollten unterdes Katharsis bringen. Hoffte ich. Doch nachdem die Akteure bis kurz vor ihrem Auftritt noch persönlich am Händlerstand Shirts und Platten verschachert hatten, wollte der Karren nicht so recht ins Rollen kommen. Erst fiel ein Mikro aus, und nach dem zerfahrenen Auftakt wirkten die Amis auch als Einheit zerfallen: hier die beiden im Wechsel schreienden, keifenden und grunzenden Frontmänner, dort der zweite Gitarrist und der Trommler eher als Staffage. Mit ihren negativen Utopien wogten Usna zwischen schleppendem Funeral und harschem Sludge hin und her. Neben der unpassenden Beleuchtung mit taghellem Rotlicht, den Kegel aufs Schlagzeug gerichtet, fehlte dem Klang wie stets im Kesselhaus die Kraft und Tiefe. Fassen wir zusammen: Cory, Banishing, Lovinghood und Rogers lieferten eine durchwachsene Performanz, die heute weder an ihre Schau beim Roadburn 2016 noch an das brandaktuelle, dritte Langeisen 'Portals Into Futility' heranreichte. Der Zwanzigminüter „A Crown of Desolation“ deckte nicht nur die Hälfte der Spielzeit ab, er war auch der einzige echte Doomer der ganzen Nacht.
Es gibt sie noch: die echten, geerdeten, unglaublich beseelten Musiker, die Freude daran haben, in die Welt zu fahren und ihre Anhänger in den kleinen Klubs mit ihren grünen Lautsprecherboxen und immer neuen, geschmackvollen Mitbringseln, kunstreichen Graphiken und Setlisten zu erfreuen. Poia, Urlo und Vita aus dem Piemontstädtchen Tortona tun dies seit siebzehn Jahren. Mit ihrem neunten Album, das schlitzohrig das Unendlichkeitssymbol '8' trägt, zeigten sich UFOMAMMUT in einem zeitgeistig forscheren Gewand. Auf schneckenhafte Zeitlupe und mammutige Schwere wartete man bei den Altmeistern des Space-Doom heute vergeblich. Maliziös könnte man sagen: Die Vorstellung wirkte etwas überspannt und überladen, der Ton war zu massiv, dem neuen Stoff fehlte die Raffinesse. Selbst der unentwegt an einem Dampfgerät ziehende Live-Mischer der Italiener konnte die Titel nicht zweifelsfrei auseinanderhalten (Ufomammut spielten das Neuwerk eins zu eins wie auf Platte). Zu allem Überfluß funkte immer wieder das schwächelnde Mikro dazwischen. Ob der elektronisch verfremdete „Gesang“ bizarr, irritierend oder schmerzend wirkt: Daran schieden sich ebenso die Geister. Nichtsdestotrotz lieferten die Italiener wie gewohnt einen Auftritt bis zum körperlichen Zusammenbruch. Er gipfelte wie immer in einer improvisierten Verlängerung, bei der die Akteure bereits verschwunden waren, oder nur Poia minutenlang allein seine Gitarrensalven in die Meute meditierte. Final stand ein Teil, daß wie „Smoke“ vom 2000er Langdebüt 'Godlike Snake' durchstartete, sich dann aber in die Unendlichkeit des Himmelreichs verduftete. Ihre grünen Speaker hätten Poia, Urlo und Vita im Grunde gleich bis zum nächsten Jahr in Wiesbaden stehenlassen können...
 
 
((((((Heiliger Vitus)))))), 6. Oktober 2017
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
USNEA
(20.15-21.00)
1.-3. unbekannt
4. A Crown of Desolation
 
UFOMAMMUT
(21.26-22.38)
1. Babel
2. Warsheep
3. Zodiac
4. Fatum
5. Prismaze
6. Core
7. Wombdemonium
8. Psyrcle
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9. God
Setliste Ufomammut