ZEREMONIE DER SCHATTEN III
 
INSANE VESPER, CHAOS INVOCATION, STREAMS OF BLOOD, MEMBARIS, THROMOS
D-Hofheim am Taunus, Jazzkeller - 7. Oktober 2017
Nach der Erfolgsgeschichte im Frühling mit Nocturnal Depression schob die South Hessian Black Metal Brotherhood alias Schwarze Loge im Herbst gleich noch eine weitere Zeremonie nach. Sie war noch liebevoller und einfallsreicher aufgemacht: Die auf 150 limitierten Hartkarten kamen in versiegelten (!) schwarzen Umschlägen nachhause, dazu waren Festivalshirts, Aufnäher und Plakate hergestellt worden. Alles Doppelseitig, Schwarz in Schwarz. Das von Geordie Blackcore betriebene Händlerabteil zeigte sich noch reichhaltiger mit Platten und Textilien bestückt, im Außengelände befand sich ein Grillstand, und endlich durfte ich mich auch persönlich beim Organisator Ronald bedanken. Zuvor mußten Goddess of Doom Peanut und ich wieder mal die kriminelle Anreise in einer S-Bahn von Frankfurt durchs westliche Umland zum Süden des Taunus durchstehen. Wäre da ein Ratequiz gewesen, wären wir bei der Frage nach der Stadt und dem Land weder auf „Frankfurt am Main“ noch auf „Deutschland“ gekommen. Und dies zum heutigen Nationalfeiertag meines alten Heimatlandes... Ganz ehrlich? Allein wäre ich nicht gefahren! Peanut überredete mich. Doch wie wohlig war unsere Ankunft am Ort des Geschehens. Unter den Gästen befanden sich zwar diverse Flittchen, aber auch die Frontmänner von Deadwood (R.I.P.), Elvenpath und - Achtung! - Cross Vault! Welch eine Ehre, Nerrath, den Sänger der hoch veehrten Doom-Gruppe einmal berühren zu dürfen. Vier Muskelberge mit rasierten Schädeln standen in der Meute, neben denen ich mich trotz über Einsachtzig geradezu wie ein Winzling fühlte...
Am Anfang war Feuer. THROMOS aus dem anhaltinischen Roßlau hatten ihre Antlitze weiß getarnt, schwarze Kutten übergeworfen und eine Batterie schwarzer, für den Teufel angezündeten Kerzen vor sich aufgestellt. Mit dieser spartanischen, aber höchst wirkungsvollen Optik, lieferten die vier um Mortifer Daemon und Nissen das stimmungsvollste Ritual der Nacht ab. Thromos spielten puren, rohen Black Metal mit bösen deutschen Texten und pfeilschnellen Instrumenten. Insgesamt acht Alben zeugten von einer langen Geschichte und einer starken Besessenheit. Dazu verweigern sich Thromos standhaft dem Chichi der neuen Zeit. Jegliche Nachforschung im „Internet“ ist zwecklos. Am Ende einer epischen Stunde belferte das Kommando von der Elbe einen Sekundenquickie in die Menge. Und der hieß „Ave Satan!“.
Mit ihrer Gründung anno 1999 waren Limburgs MEMBARIS das dienstälteste Kommando. Zu sehen war von den vieren allerdings wenig. Denn außer dem langhaarigen Frontmann Kraal zeigten sich alle unter Kapuzen und Gesichtsschutz in voller Vermummung. Membaris versprühten jedoch nicht nur subtile Finsternis fürs Auge. Sie variierten auch die Schlagzahl. So bewegten sich die auf Deutsch vorgetragenen, gedrosselten Stücke im Mittelteil im Grenzland von Black Metal und Doom. Mit ihrem Black Doom lieferten die Hessen nicht nur den dunkelsten Plot, sie schienen auch schon zu früher Stunde bei vielen so was wie die heimlichen Helden der Nacht zu sein. Auch meine Adjutantin befand Membaris als „richtig gut“.
Mit ihrer seit acht Jahren existierenden Gruppe waren STREAMS OF BLOOD die „Rookies“ der Nacht. Das muß man sich mal vorstellen. Linientreu mit ihren Vorgänger zeigten sich die geborenen Unterfranken mit Ausnhame ihres Fronters Thymos ohne Gesicht, teils unter Sturmhauben. Dazu war erstmals das Licht auf nahezu null Lux runtergedreht. So ergab sich in dem Kellerraum ein gewisser U-Boot-Effekt. Eingeleitet wurde der Auftritt mit einem zackigen „Eins, zwo, drei, vier!“. Ferner wechselten Streams of Blood immer wieder das Tempo zwischen bedrohlicher Langsamkeit und ungeheurer Schnelligkeit. Wenngleich manchmal etwas zu melodisch bis bombastisch überhöht, war auch bei Streams of Blood alles roher Schwarzmeall aus dem tiefsten Untergrund. Stoff, den man auf sich einwirken lassen mußte.
Nach vier Stunden Black Metal schien der Rubikon zwischen aufmerksamen Zuhören und ritueller Selbstaufgabe überschritten. Auch der Berichter hatte etwas den Überblick verloren. Denn trotz einer gewissen progressiven Hakeligkeit gehorchte auch die Schau von CHAOS INVOCATION zumeist streng dem puren, infernalischen Stilschema der ganzen Nacht. Ich selber fand die unterschiedlich ausgerichteten Gruppen der vorigen Edition im Frühling gelungener. Heute schien sich Material und Ansatz sehr zu ähneln. Doch die Organsiation wollte eben auch weniger bekannten Gruppen eine Chance geben. So dem Bund aus dem Westerwald. Chaos Invocation waren solider Standard, aber nicht herausragend.
Fast vierzig Minuten Startverschiebung, viele Totgehörte und durch Alkoholika Deformierte ringsum: Der Auftritt von INSANE VESPER aus dem schönen südfranzösischen Toulouse schien unter keinem guten Stern. Doch dann nahmen die mit Militärhosen, Patronengurten und Stiefeln aufmarschierten Vanitas, Arggon, Ate Rigant und A.L. den Laden schon nach wenigen Takten auseinander. Und was hatten sie? Grimmig schicken, nostalgischen Black Metal für alle. Mit dem aggressiven Gekeife ihres Fronters, ihrem schnellen, kruden Klanggewand und ihrer unmaskierten Erscheinung, wirkten Insane Vesper im Verhältnis zu ihren Vorgängern etwas greifbarer. Was aber nicht heißt, daß sie fahler durch die Speaker orgelten. Insane Vesper waren eine der Gruppen, die mit ihrer schlichten, ehrlichen Art und einer unfaßbaren Hingabe schuld sind, daß es viele Anwesende auch zur nächsten Zeremonie der Schatten in den Süden des Taunus verschlagen wird.
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
THROMOS
(18.05-19.04)
Titel unbekannt
Ave Satan!
 
MEMBARIS
(19.43-20.25)
1. Intro
2. Architektur
3. Demon
4. Shades
5. Strömungen
6. Misanthropie
7. Augenblick
8. As the Ancient Returns
9. Remains of Solitude
 
STREAMS OF BLOOD
(20.55-21.36)
1. Stella Nova (Collapse)
2. The Sense
3. Deepest Abyss of My Soul
4. Detox
5. Von der Realität in das ewige Licht
6. Chaos Returns
7. Regeneration
8. Transformation
9. Final Journey
 
CHAOS INVOCATION
(22.11-23.08)
Titel unbekannt
 
INSANE VESPER
(23.28-0.30 [?])
1. Intro
2. Illumination Death
3. Blood of the Moon
4. Compo 2
5. Cult of Darkness
6. Scorned Ascension
7. Another Dimension
8. Golden Rays of Unification Shine
9. Sink the Ark of Knowlegde
Wie schon die Zeremonie im Februar, stieg auch der heutige Nachzügler zu einer kultigen und unvergesslichen Nacht auf. Obgleich die Meute bis auf die bedauernswerten Fahrer vollständig durch den Wind war, blieb alles sittsam. Schon baumelten Karten für die vierte Ausgabe am Stand von Geordie Blackcore. Der Schankbursche spendierte zum Aufbruch einen großen Wodka.
 
Schwarzdoomige Hails
Ronald & Schwarze Loge Ritus
Alle Gruppen
Das klasse Publikum
Nerrath (Cross Vault)
Frau P. (für die Überredungskunst)
 
 

Heiliger Vitus, 10. Oktober 2017