24. FRANKFURT-MARATHON, 30. Oktober 2005
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AUFBAUKÄMPFE
Bensheimer Halbmarathon, 25.9.05
Dresden-Marathon, 23.10.05
Marathon-Manie in Mainhattan Vol. VII - Der Messe-Komplex
 
 
Jeder Rennkilometer beansprucht einen halben Tag Wiederherstellung, sagen die Experten. Einem Marathon sollen vier Wochen Erholung folgen. Die vollständige Heilung braucht sechs bis acht Wochen. Erst dann ist das Muskel-, Organ- und Skelettsystem für eine neue Marathonvorbereitung bereit. Berufsläufer machen auch nur zwei bis drei Marathons im Jahr. Profis!... Nach meinem persönlichen Rekord am 23. Oktober beim DRESDEN-MARARTHON waren zwei Tage vergangen. Zwei Tage mit zwanzig Liter Bier und einem dicken Kopf (wofür ich mich haßte). Es folgte der Entzug und eine Bestandsaufnahme. Was war von Dresden übriggeblieben? Ich hatte Schmerzen in Rücken und Zehen, eine Wadenverhärtung, eine Schwellung am Unterarm durch ein frisches Tattoo - und brauchte den nächsten Adrenalinrausch... Achtung, Achtung! Nicht nur die Abhängigkeit von Substanzen (Drogen, Alkohol) oder maßlosem Verhalten (Sex, Spiele) sind eine Sucht, auch Marathonlauf ist eine Gefahr! Das Rückenproblem bekam ich durch Enthaltsamkeit und Wärme in den Griff, die Zehenschmerzen gingen von allein, die bleiernen Glieder lief ich am Mittwoch nach dem Marathon locker. Hinderlich war nur der entzündete Unterarm.
 
Freitag, 28. Oktober
 
Nach erfolgreicher Nachmeldung für 70 Euro in den Frankfurter Messehallen war der Starterbeutel mit der Nummer 2198 und allerlei Werberamsch gesichert. Ein Kollege hatte mir noch geraten, das Geld lieber zu versaufen... Dazu waren mir der geschäftstüchtige Chef vom Oberelbe-Marathon, Herr Sonntag, nebst Gattin von Dresden auf die Messe von Frankfurt gefolgt.
 
Sonnabend, 29. Oktober
 
... stand dann noch ein kleiner Regenerationslauf mit meinem Mädel auf dem Programm... und am Tag 7 nach Dresden,
 
Sonntag, 30. Oktober
 
... war es wieder Zeit für einen MARATHON. Ich hatte drei Möglichkeiten: 1. Spaßlauf unter einem Decknamen, Kneipenrunde unterwegs eingeschlossen (Zeitziel: 5:29 Stunden); 2. Gruppenlauf mit meinem in der Reha befindlichen Kumpel Jockel und seiner debütierenden Frau (Ziel: 4:29 Std.); 3. neuer Angriff auf die Traumzeit. Ich entschloß mich zur dritten Version... Im Morgengrauen schien sogar das Wetter mitzuspielen. Ganz viel Nebel und graue Wolken legten eine wattige Decke über die Stadt, in die nur die Spitzen der Wolkenkratzer trübe Lichter setzten. Es herrschte Windstille. Aber pünktlich zum Start ging die Sonne auf...
.:: DAS RENNEN ::.
 
24. MESSE FRANKFURT MARATHON, 30. Oktober 2005
Der Hammering Man
(© Vitus)
Kilometer 0 bis 10: Start in „Mainhattan“
 
Um 11 Uhr erfolgte der START! Das neue Teilnehmerhoch von 9374 Marathonern und 886 Staffelstartern wälzte sich vorbei am Hammering Man hinab gen Innenstadt. Ich (aus dem Asics-Block startend): ganz vorn mit dabei. Gleich auf dem ersten Kilometer wartete in der Wolkenkratzerschlucht der Mainzer Landstraße ein ohrenbetäubendes Spalier aus dumpfen Trommeln und schrillen Trillerpfeifen, ein Donnerhall wie bei einem Luftangriff. Nie zuvor war Frankfurt so hinreißend wie 2005. Reinstes Adrenalin! Weiter führte die Piste durch ein Meer von Schlachtenbummlern am Opernplatz und über die Ringstraße zum Eschenheimer Turm. Von dort ging es auf der Grenze zwischen West- und Nordend zur nördlichsten und höchsten Stelle auf der Eschersheimer Landstraße Ecke Miquelallee. Leicht außer Puste erreichte ich nach 20:48 Minuten den 5. Kilometer. Schneller denn je! Ich griff zwei Becher. Den ersten kippte ich mir über den Kopf, den zweiten ins Gesicht. Letzter war Brause. Mit brennenden Augen und auf Teufel komm raus rannte ich nun den Reuterweg hinab, wieder vorbei am tosenden Opernplatz, durch die Massen in der der „Mainzer“, hinauf zur Kehrtwende vorm Messegelände, und wieder runter zum Taunustor und zum 10. Kilometer beim „Hard Rock Café“. 40:54 Minuten: der nächste persönliche Weltrekord! Von der Stimmung angesteckt, rannte ich alles in Grund und Boden. Und weit und breit kein Zeichen vom ersten Zugläufer. Das konnte nicht gutgehen!
 
Kilometer 11 bis 20:
Durch die Wohngebiete südlich des Mains
 
Die Strecke verlief über die Bleichstraße zur Konstablerwache (mit wiederum tausenden Zuschauern) und querte auf der Alten Brücke über den Main hinein nach Sachsenhausen. Am Kilometer 12 kippte ich wieder einen Becher Wasser in meine Kehle und einen ins Gesicht. Diesmal war es Wasser! Auf das Remmidemmi in der Schweizer Straße folgte Durchschnaufen in der herbstbunten Kennedyallee. Dauerrivale Stefan R. aus meinem Übungsgelände an der Nidda schloß auf. Und ein Knilch, der seinen Arm windmühlenartig am Rumpf vorbeirotierte, raubte meine Konzentration. Erstaunlich, welche Abnormitäten existieren... Vor der Galopprennbahn Niederrad folgte am Kilometer 15 die nächste Bestmarke: 1:02:15 - und zwei Kilometer weiter die erste Eigenversorgung aus den Händen der frischgebackenen Halbmarathona Peanut nebst ihrer unschätzbaren mentalen Hilfe. (Leider war der SMS-Service ausgefallen, so daß sie keinen Zwischenstand kannte.) Dann war die Bürostadt erreicht. Eine Staffelübergabe sorgte heute für Aufruhr im ansonsten toten Quartier. Mit der Siedlung Goldstein folgte ein Zwischenzeitrekord nach 20 Kilometern...
 
Kilometer 21 bis... 29:
Zurück auf der Nordseite - der letzte Akt
 
... und gleich noch ein Bestwert bei Halbmarathon mit 1:27:56 Stunden. Damit war ich eine halbe Minute schneller als in meinem besten Wettkampf über die 21,1 Kilometer! Aber die gleiche Distanz lag ja noch voraus. Der Weg verlief nun über die Frankenfurt. Eine der Elitefrauen hatte aufgesteckt und schlenderte in Tights noch immer verboten grazil am Rand entlang. Wenige Häuser weiter dann das Verhängnis: Jemand trat mir in die Ferse, ich verlor den Schuh - - und war raus aus diesem Streifen von 23
 000 Metern in fast 15 Stukis. „Auf! Weiter geht´s!“, munterte ein Mädel mich auf. Doch der Rhythmus war gebrochen, die Muskeln abrupt zu. Ich mußte kämpfen, um überhaupt noch mal reinzufinden, und erreichte den 25. Kilometer zweieinhalb Minuten später als alle vorigen 5-Kilometer-Abschnitte. Es folgte das Rondell hinauf zur Schwanheimer Brücke - die ich über einen Schleichweg im Grünen erklomm. Manchmal muß ein Abweg die Mittel heiligen. Die kleine Ersparnis war für mich nach dem Zwischenfall gerecht. Nicht indes für einen Briten, der mir bei der Rückkehr auf die Rennstrecke ein „Cheat“ (Betrüger) ins Gesicht schlug. Alles tat weh. Meine Waden waren bis zum Zerreißen gespannt. 29 Kilometer hatten sie mich getragen, mehr ging nicht. An der „Klingelbrücke“ über die Nidda verließ ich das Rennen vorzeitig und trottete in die Oeserstraße hinein. Stefan R. überholte mich zum zigsten Male. „Cheater!“: auch der Albion lief noch mal an mir vorüber. Oh, wie gern hätte ich ihn zum Mond geschossen! Trost stiftete die Schänke „Waldlust“: Ein im Garten grillender Mann spendierte mir ein Freibier. Mit dem Gerstensaft schleppte ich mich dann noch zur Staffelzone Kahnplatz, wo Peanut bereits mit einem mitleidigen Grienen im Gesicht wartete... Auf dem Rückweg zum Ziel laberte mich ein gewisser Klaus „Lalü“ aus Wiesbaden an. Lalü kannte mich aus dem Netz, er hatte an der „hr1-Staffel-Laufwette“ teilgenommen, und frug nach meinen Erfahrungen mit den Greif-Plänen. Und dann waren wir zurück in der Innenstadt. Per S-Bahn. Schwer auszuhalten. Und der finale Spießrutenlauf folgte in Form eines Spaziergangs durch die Zuschauer entlang der Zielgerade in die Messehalle hinein. Auf dem Asphalt tummelten sich die Handvoll Läufer mit einer Endzeit um 2:40 Stunden. Ich wäre am liebsten in die Erdkruste versunken!...
 
Sieger wurde der in Eldoret geborene Wilfred Kigen. In einem hochdramatischen Endspurt von vier Kenianern, die innerhalb von sieben Sekunden ins Ziel kamen, triumphierte der mit der Frequenz einer Nähmaschine laufende „Kämpfer“ mit neuem Kursrekord von 2:08:29 Stunden vor Mbote, Kigen und Kibiwott. Als Lohn durfte Kigen 30
 000 Euro einsacken: 10 000 für den Sieg und 20 000 für die Zeit unter 2:09 Stunden. Bei den Frauen wurde die favorisierte und lange führende Belgierin Renders vom russischen Kugelblitz Biktimirowa geschlagen. - Meine Bekannten blieben weit unter ihren Möglichkeiten. Barbara und Jockel Z. brauchten 4:45 Stunden, Janoske 3:48 Std., Stefan R. 3:03 Std., der langhaarige Lipecki 2:58 Std. und Oldie Behle 2:57 Std. Dortmunds Laufprofi Matei gab bei Halbmarathon auf... In der zweiten Mittagsstunde war Frankfurt 2005 düstere Geschichte für mich.
 
Den Frust habe ich mit Seelentrost von Peanut und acht halben Litern zwischen fetten Kneipengängern und Mitgliedern der Rockergruppe „Gremium“ im Rödelheimer „Haferkasten“ runtergespült. Die Geister von Halloween meinten es nicht gut mit uns.
Die Spitzengruppe am Kilometer 17, Adolf-Miersch-Straße Niederrad (© Peanut)
Sieben Tage später...
 
... nahm der Marathon absurde Züge an. Zur Verarbeitung hatte ich meinen Sonntagslauf auf die Rennstrecke gelegt - und traf in der Ludwig-Scriba-Straße auf den Originalschauplatz des 30. Streckenkilometers. Ein Verpflegungspunkt mit Großuhr, Tischen, Helfern, Bananen und zertretenen Bechern war da, Zuschauer und zweihundert wie zu einer Prozession angetretene Laiendarsteller, darunter Stefan R. im Leibchen vom letzten Sonntag. Selbst das Wetter so wie vor einer Woche... Das Hessenfernsehen drehte für den am 29.10.06 ausgestrahlten Frankfurt-Tatort “Das letzte Rennen“ eine Szene ab. Um ein Haar hätte ich selbst Komparse sein können. Doch ich trug Trainingskluft und hatte meine Startnummer nicht dabei. Das absurde Ende eines schiefen Wettkampfs und eines verhexten siebenten Marathonjahrs.
 
 
Herzlichen Dank!
Manuel Friedrich vom Organisationskomitee, der mir Weihnachten als Erinnerung eine Staffelmedaille zuschickte
 
 

Kampfläufer Vitus, 6. November 2005
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 18ºC, nahezu Windstille - ein goldener Oktobertag
Zuschauer: ca. 200
 000
 
Gesamtteilnehmer
(Marathon, Staffel, 5 km, Handradfaher, Kufenroller)
Gemeldet: 17
 195
Am Start: 15
 126
Im Ziel: 14
 464
 
Marathonläufer
Gemeldet:
10
 944 (M: 9122 / W: 1822)
Am Start:
9374 (M: 7828 / W: 1546)
Im Ziel: 8858 (M: 7395 / W: 1463)
 
Männer:
1. Wilfred Kigen (Kenia) 2:08:29 (SR)
2. Jason Mbote (Kenia) 2:08:30
3. Wilson Kigen (Kenia) 2:08:34
4. Charles Kibiwot (Kenia) 2:08:36
5. Leonid Shwetsow (Rußland) 2:10:05
6. Tesfaye Dereje (Äthiopien) 2:11:47
 
Frauen:
1. Alewtina Biktimirowa (Rußland) 2:25:12 (SR)
2. Marleen Renders (Belgien) 2:26:26
3. Tola Roba (Äthiopien) 2:29:30
4. Mary Ptikany (Kenia) 2:29:45
5. Swetlana Ponomarenko (Rußland) 2:31:26
6. Mindaye Gishu (Äthiopien) 2:33:05
 
Kampfläufer Vitus (Deutschland)
Startnummer:
2198
Nation: GER
Zeit: aufg.
Zwischenzeiten (brutto)
05 km: 0:20:48
10 km: 0:40:54 (00:20:07)
15 km: 1:02:15 (00:21:21)
20 km: 1:24:10 (00:20:56)
HM: 1:27:56 (PB)
25 km: 1:45:38 (00:22:28)
30 km: -
35 km: -
40 km: -
 
 
Ergebnisse
Championchip