29. ADVENT-WALDMARATHON AROLSEN, 28. November 2009 ¤ AUFBAUKÄMPFE Koberstädter Wald-Marathon (Halbmarathon), 30.8.09 Hugenottenlauf Neu-Isenburg (Halbmarathon), 20.9.09 Chicago-Marathon, 11.10.09 Rodgauer Winterserie (10 km), 7.11.09 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
STRECKE ¤ VORBEREITUNG ¤ MARATHON ¤ STATISTIK ¤ BILDER | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Schweigend steht der Wald Berlin, London, Boston, New York, Paris, Chicago, nun Arolsen: Nach unsterblichen Ereignissen in der weiten Welt war ich mit meiner Freundin heimgekehrt, und wollte einen Marathon in Nordhessen laufen. Arolsen ist ein Relikt einer untergegangenen Zeit. Die Wurzeln reichen zu den Anfängen der Bewegung zurück. Einer der Starter bei der Frankfurt-Premiere 1981 war es, der sieben Monate nach Frankfurt den ersten Marathon in den riesigen Wäldern des nordhessischen Waldecker Landes schuf. Drei Jahrzehnte später ist alles immer noch so, wie es früher mal war. Der von Henner Kuhaupt gemachte Lauf durch die Wildnis im Norden folgt eigenen Regeln. Die Reduzierung des Kampfs auf Mensch und Natur haben auch 2009 Bestand. Das beginnt mit einer pfadfinderischen Unterbringung in einer Turnhalle. Eine kultige Brandrede zur Einstimmung vorm Start gehört ebenso dazu, wie eine historische Beschilderung und der Verzicht auf Werbeverträge. Grund genug für uns, zum Urspung der Sportart zurückzukehren! Ferner war es Peanut und mir nicht wert, die Form von CHICAGO einfach so wegzuschmeißen. Eine Zeit ohne Marathon bis zum Frühjahr schien uns zu lang, und ein Besuch der Frankfurter Marathonmesse tat ein Übriges: Die angenehm normalen Ironman-Helden Nicole und Lothar Leder hatten uns dort noch mal nachhaltig die Freude am Sport eingeimpft. Für das fünf Wochen später steigende Arolsen war dann rasches Handeln nötig: Viele Frankfurtstarter haben das gleiche vor. Nach Arolsen ist´s nicht weit, Arolsen liegt in zeitlich günstigem Abstand zum Frankfurt-Marathon, und Arolsen ist einer der letzten fünf Marathons im Jahr. Da die Strecke nur eine bestimmte Anzahl verkraftet, sind die Teilnehmer auf 600 begrenzt. Nach Versand der Anmeldeformulare und des Startgelds von 25 Euro - nicht über „Internet“ sondern per Post und in bar - waren wir zum 26. Oktober fernmündlich bestätigt eingeschrieben. Nach zehn Jahren Individualismus trat ich erstmalig für Spiridon Frankfurt an. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: DIE STRECKE ::. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dem Läufer stand einiges bevor. 480 Höhenmeter mußten überwunden werden. Gestartet wurde in Wetterburg. Nach dem Auftakt am Stausee Twistesee ging es über Stock und Stein und durch Wald und Flur via Landau zur Südspitze vor Wolfhagen. Von dort dann nach Westen durch den Langen Wald vorbei an Dehringhausen, Volkardinghausen und Braunsen zurück zum Twistesee. Ein stark kuppiertes Gelände überwunden (308 Höhenmeter allein bis Halbmarathon, zwischen Kilometer 28,5 und 31 noch mal barbarische 108 Meter), ging es die letzten elf Kilometer fast nur noch leicht bergab. Da der Marathon nahezu vollständig auf Feld-, Forst- und Waldwegen verlief, konnten die herbstüblichen Wetterkapriolen zum Problem werden. Außer bei höherer Gewalt sollte der Kampf aber immer ausgetragen werden! 1991 stellte der Tscheche Pavel Baverad den Streckenrekord von 2:31:38 Stunden auf. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: DIE VORBEREITUNG ::. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mit Arolsen gingen wir in die Verlängerung der 17 Wochen für Chicago. Wir haben weitere sieben durchgezogen. Eigentlich zu kurz für einen neuen Formaufbau und zu lang für das Halten des Niveaus. Leider war ich direkt nach Chicago obendrein auch noch zu einer zehntägigen Antibiotika-Therapie gezwungen, die mich zurückwarf. Die bestrittenen AUFBAUKÄMPFE (Klick aufs Veranstaltungssymbol öffnet einen separaten Bericht): | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
31. NAT. KOBERSTÄDTER WALDMARATHON, 30.8.09 (Halbmarathon) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
33. INT. HUGENOTTENLAUF NEU-ISENBURG, 20.9.09 (Halbmarathon) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
32. CHICAGO-MARATHON, 11.10.09 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
30. RODGAUER WINTERSERIE, 7.11.09 (10 km) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Der Kampf in einer BILDERTAFEL... anklicken............ | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vitus´ 16 TRAININGSWOCHEN vom 10. August bis 28. November: 01. Wo. (162 km): Wiederherstellung nach Halbmarathon 02. Wo. (155 km): Training 03. Wo. (117 km): Halbmarathon (1:25:00) 04. Wo. (180 km): Wiederherstellung 05. Wo. (161 km): Training 06. Wo. (124 km): Halbmarathon (1:22:56) 07. Wo. (165 km): Wiederherstellung 08. Wo. (126 km): Direkte Wettkampfvorbereitung 09. Wo. 0(92 km): Aktive Erholung - CHICAGO-MARATHON (666. in 2:58:48) 10. Wo. 0(49 km): Wiederherstellung 11. Wo. (100 km): Wiederherstellung 12. Wo. (157 km): Training und Vitus´ Anschluß an Spiridon Frankfurt 13. Wo. (159 km): 10-Kilometer-Wettkampf (38:25) 14. Wo. (170 km): Training 15. Wo. (122 km): Direkte Wettkampfvorbereitung 16. Wo. 0(78 km): Aktive Erholung - AROLSEN-MARATHON (8. in 2:59:59) Gesamt: 2116 km | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: DAS RENNEN ::. 29. ADVENT-WALDMARATHON AROLSEN, 28. November 2009 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Donnerstag, 26. November Nach vier Zugstunden von Frankfurt über Kassel kamen wir am Bedarfshaltepunkt Külte-Wetterburg im Grenzland zwischen Hessen und Westfalen an. In Wetterburg befanden sich der Marathonstart und unsere Unterkunft. Wir wurden von diesem alten Bahnhof fern jeder Besiedlung nach unserem Anruf mit dem Auto abgeholt - und bekamen im Achthundertseelendorf Wetterburg ein Domizil, in dem wir tanzen konnten. Es gab nicht viel, was sich mit dem Ausblick von der Terrasse auf den Twistesee und die angrenzenden Berge und Wälder messen kann. Vollkommene Stille und reine Luft waren da. Von Sonnenstrahlen durchbrochene Wolken hingen am Himmel. Dazu die sanften Wellen auf dem klaren, friedlichen See. Die pure Mystik! Am Nachmittag fuhren wir mit dem Bus in die alte Soldatenstadt Arolsen. In der dortigen Belgischen Kaserne (benannt nach einem Panzerregiment aus dem Kalten Krieg; zuvor waren dort hohe Tiere der SA sowie die Führerelite der SS stationiert), haben wir uns eingedeckt. Zurück in Wetterburg half uns die in geradzu unheimliche Lautlosigkeit und tintenschwarze Dunkelheit gehüllte Landschaft in einen langen, tiefen Schlaf. Die Nächte vorm Marathon ruhten wir wie Steine. Freitag, 27. November Wie der Vortag bestand auch der heutige aus einer Lockerung am See, gutem Essen, Körperpflege und einem Spaziergang zur Nummernausgabe in der Twisteseehalle. Dort war alles aufs Notwendige beschränkt: nur die Ausgabe der Nummern (die zusammen mit einem Badesalz in einem roten Umschlag steckte), das wandzeitungsartige Streckenprotokoll (der erste Einblick ins Höhenprofil!), sowie ein Tisch mit Shirts für elf Euro, Streckenkarten für einen und Erinnerungsmedaillen für vier Euro. Insgesamt stießen wir auf zwei Dutzend Läufer. Die einzige Sorge bereitete mir eine Entzündung im Knie, die sich unter der Woche eingestellt hatte. Sonnabend, 28. November Und dann war AROLSEN-MARATHON! Nach einem durchgehenden Schlaf von sieben Stunden bin ich um 6.16 Uhr aufgestanden, habe einen Morgenlauf gemacht und mit Peanut in der Gaststube treppab gefrühstückt. Halb zehn schwangen wir uns auf, um die Eigenverpflegung abzugeben, die ab zehn Uhr von der Twisteseehalle auf die Strecke befördert werden sollte. Sechs Kartons für sechs Versorgungsstellen waren aufgestellt, vier Flaschen mit je einem Kohlenhydratgel lieferten wir beide ab. Um 10 Uhr hielt Henner Kuhaupt (Marathonbestzeit: 2:28 Stunden) vor versammelter Truppe eine zwanzigminütige, flammende, geradezu aufwieglerische Brandrede. Mit der Bitte, etwaige Holprigkeiten wegen den anwesenden Reportern zu verzeihen, ging der Blick zuerst ins Jahr 1974, wo man noch sehr weit für einen Marathon reisen mußte, wo niemand über drei Stunden lief und man erst mit einer Zeit von 2:30 Stunden ernst genommen wurde. Der zweite Teil betraf die Gegenwart, in der Marathons zu „Events“ verkommen und jeder Staffel- oder 10-Kilometer-Teilnehmer mit einer „Finishermedaille“ rumprahlen darf. HK rühmte den Arolsen-Marathon als einen der fünf letzten klassischen unter den 191 Marathonläufen, die es mittlerweile in Deutschland gibt. Der Schlußteil lieferte Auskunft zur Strecke. Jene war bis zuletzt ein Mysterium geblieben. Manche redeten von 240 Höhenmetern, andere von 300. Die Läufer machten sich keine Vorstellung, was sie erwartet. Sie wurden unterwiesen, Steilhänge besser hinauf zu gehen als zu laufen, es sei der kraftsparende Weg. Niemand solle sich überanstrengen... Um 11 Uhr erfolgte an der Nordostspitze der Twistetalsperre die Aufstellung. Teilnehmer aus zwölf Nationen nahmen das Rennen mit „fliegenden“ Start in Angriff. Neben Deutschen hatten sich Läufer aus USA, England, Schweden, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Schweiz, Österreich, Polen, Kenia und sogar Australien angemeldet. Diesig-kalte Luft, Regen, Anflüge von Mystik und die angespanten Blicke der Läufer webte die Szenerie in einen so schweren Schleier morbider Melancholie ein, daß mir ganz anders wurde. Dazu drohten 420 Höhenmeter im Wald. Das ist, als müßte man den Willis Tower in Chicago hinauf. Alle Anstiege zusammen ergaben fünfhundert Höhenmeter! Vom Gelände her teilte sich der Marathon in vier Etappen auf: | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Am Twistesee (© Vitus) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1. Etappe (Kilometer 0 bis 2): Ebenheit Gleich nach dem START ging es über die zwanzig Meter hohe und dreihundert Meter lange Staumauer der Talsperre aufs linke Ufer. Dort führte der sieben Kilometer lange Seerundweg vorbei an einem Strandbad, einer Wasserskianlage und einem Golfplatz nach Süden. Eigentlich ein schneller, flacher Auftakt auf Asphalt ohne Kurven. Aber heute wehte Wind von vorn. Nachdem der Westfale Strothmann wie von der Sehne geschnellt seinem vierten Start-und-Ziel-Sieg entgegeneilte, hatte ich - erstmals in den Farben von Spiridon Frankfurt gehüllt - einer kleinen Verfolgergruppe bis Kilometer zwei Windschatten im Kampf gegen die Elemente gegeben. Die beiden Kilometer waren in acht Minuten zurückgelegt. Nach einer ersten leichten Anhöhe führte die Uferlinie über den Vorstau hinweg und verließ den „leichten“ Abschnitt am dritten Kilometer von der Landauer Straße in die Wildnis. An Bäume genagelte Holztafeln mit roten und grünen M-Symbolen und weiße Pfeil-Runen am Erdboden markierten den Weg. Vier Kontrahenten - darunter der kenianische 2:13-Stunden-Läufer Linus Mutai - zogen an mir vorbei. 2. Etappe (Kilometer 3 bis 31): Hügelreich Nun begann der anspruchsvolle Teil. Denn es waren einige Höhenmeter zu überwinden. Es ging nun für eine sehr lange Zeit durch die ausgedehnten Wälder Nordhessens. Tagelanger Regen hatte die Wege aufgeweicht und in triefend nasse Pfade verwandelt. Mal ging es hinunter, aber viel öfter ging es hinauf. Bald war ein Loch von hundert Metern zu den Nächsten gerissen. Der Schwarze blieb in Sicht. Seltsamerweise verlor ausgerechnet der behende Afrikaner in den Anstiegen immer wieder an Boden. Dann hatte ich ihn wieder überholt, und hörte den hechelnden Atem im Nacken... bis er auf einem weiten Acker im Schatten eines anderen erneut an mir vorüberzog. Es war ein sehr unrhythmischer Lauf des sichtbar unaustrainierten Mutai, vielleicht auch eine Schwäche im Geiste. Peanut ihrerseits war lange mit der zwergwüchsigen Landsfrau Mutais zusammen gewesen, die vorm Rennen in der Twisteseehalle gesichtet wurde, und die nach der Hälfte die Waffen streckte. Auch ein skurriler, alles Mögliche aufsammelnder Australier mit Ränzlein und Kamera, und ein Paar aus Belgien, bei dem die Frau den Mann anstacheln mußte, waren die Wegbegleiter meines Mädels. „Fünfzehnte Frau“, hatte man Peanut am Kilometer 7 zugerufen. Außer den Marathonis waren nun auch die eine Stunde früher gestarteten Sollzeitläufer mit 6:30 Stunden Zeitlimit unterwegs. Vorm zehnten Kilometer war eine Landstraße zu überqueren. Polizei riegelte den Verkehr ab. Direkt danach ging es eine Böschung hinauf und über einen Acker in den matschigen, finsteren Langen Wald. Auch die Versorgungsstelle Kilometer 14, an der ich das erste eigene Getränk erwartete, lag im Langen Wald. Dies war jedoch durch einen Fehler der Organisation - genauso wie jene am Kilometer 26 und 34 - nicht rechtzeitig zur Station gebracht worden. Ich lief ohne Energieschub und auch ohne die angepriesenen „Wasser, Tee, Iso“ durch. Bei Peanuts Passage waren die Kästen aufgestellt. Sie hatte auch meine Flasche gesehen und sich gesorgt, daß ich mit Knieproblemen aufgeben mußte... In einem Gefälle hin zur ersten Siedlung schlitzte ein Gestrüpp meinen linken Arm auf. Vorbei am historischen Brunnen „Wasserkunst“ verlief die Strecke durch Landau kurz auf Asphalt - um am 17. Kilometer in einen sehr steilen Hang zu stechen, der viele zum Gehen zwang. Die Schwächeren schafften diese Mauer aus Schotter und Schlamm nur kraxelnd, vielen zermürbte es frühzeitig die Kraft und den Willen. Unerbittlich ansteigend ging es weiter. Dann war der Halbmarathon erreicht. 1:31 Stunde zeigte meine Uhr an. Peanut brauchte 1:58. Meine Suche an der Verpflegungskontrolle nach der Eigenverpflegung war erneut vergeblich. Dafür wurde der Kenianer neben mir als „Ach, da ist ja unser Bimbo!“ beschimpft. Soll aber von keinem Helfer, sondern einem Zuschauer gekommen sein... Nach dem Jeppenteich führte die nächste ansteigende Schneise über eine Lichtung aus struppigem Gras. Hier konnte ich ein Rudel von fünf Leuten auf einen Schlag stehenlassen. Die Gelenke mußten einiges aushalten, aber nun war ich wieder hinter der Spitze, und lief auf der zwölften Stelle über den südlichsten Punkt beim Schloß Höhnscheid. Die zweite Videokontrolle war hier nach 23 Kilometern aufgebaut. Spätestens ab Wolfhagen lief jeder allein. Geredet wurde nichts, kein Mucks war zu hören. Nur das Tröpfeln des Regens und Rascheln im nassen Laub. Manchmal auch ein knarrender Baum. Auf dem Rückweg nach Norden begegnete ich Leuten, die im Gegenverkehr noch gen Süden liefen. Hinterm Siebringhäuser Teich ging es etwas weiter in den Westen hinein. Seit dem siebenten Kilometer war ich nun ohne Verpflegung. In meiner Not bettelte ich einen Radler an, der mich mit Flasche am Rad überholte - und glatt ignorierte! Die höchste Stelle mit 430 Meter über Null befand sich am Ortsrand von Dehringhausen. 3. Etappe (Kilometer 32 bis 37): Gefälle Von Dehringhausen führte die Strecke wieder in den Langen Wald hinein - nun von Süden nach Norden führend. Aber ohne den erwarteten Rückenwind. Der hatte sich gelegt. Sieben abfallende Kilometer durch kathedralenhohe Baumriesen links und rechts sollten für all die Leiden entschädigen. Indes sich Steigungen durch Gefälle ebenso wenig ausgleichen, wie Gegenwind durch Schiebewind. Läufer wissen das! Und einer der mit Vorsprung gestarteten Traditionsläufer wußte auch, daß es nicht mehr weit bis zum nächsten V-Punkt war. Vor der Schänke „Waldschmiede“ von Volkhardinghausen war der angeflehte Ort gekommen. „Wasser, Tee, Iso“ - und: Eigenverpflegung! Die erste! Doch derart deplaziert, daß ich stoppen mußte und nach einer Rangelei neben der Strecke bald eine Minute verlor. An dieser Stelle wären fast Fäuste geflogen! Aber ich hatte nach siebenundzwanzig (!) Kilometern endlich was zu trinken! In einer steil in eine Schlucht abfallenden Serpentine erspähte ich zwei, die ich noch überholen sollte. 4. Etappe (Kilometer 38 bis 42,195): Ebenheit In Braunsen traf man sich nicht nur zum Nußecken-Essen, sondern auch um die finale Etappe hin zum Twistesee zu laufen. Nach einem winzigen und doch ungeheuer schmerzhaften Huckel war bei Kilometer 40,5 der Seerundweg erreicht. Ein junger Triathlet war der Letzte, den ich überholte. Peanut erlitt an der letzten Steigung einen Schwächeanfall, mußte paar Meter gehen, lief schließlich weiter - und bewegte damit sogar noch einen Italiener zum Durchhalten. Der Südländer dankte ihr im Ziel. Leider tummelten sich auf dem nicht abgesperrten Endstück Spaziergänger auf der Rennstrecke. Mit ausgetrocknetem Körper und ramponiertem Knie war ich mich nach drei Stunden im ZIEL auf Höhe der Twisteseehalle. Im gleichen Augenblick vermeldete das Kampfgericht das Abticken der magischen Stundengrenze. Das Wichtigste in diesem Moment: Ich hatte meinen ersten Marathon unter den ersten Zehn beendet und mit dem 8. Gesamtrang Silber in der Klasse M45 ergattert. Der Abstand zum Gesamtdritten betrug weniger als vier Minuten. Mir ist erstmals ein negativer Split gelungen: die zweite Rennhälfte war zwei Minuten schneller als die erste! Und ich war nur zwei Minuten langsamer als zwei Monate zuvor auf der Weltrekordpiste von Chicago! - Peanut bewältigte die verwunschenen Berge mit schmerzenden Knöcheln (die zum Rande hin abhängenden, ungleichgewichtigen Wege...) in fabelhaften 4:10 Stunden. Das brachte ihr den 6. Rang bei den gestandenen Frauen ein. Henner Kuhaupt befragte Peanut hinter der Linie noch nach ihren Eindrücken. Der Aussage Herbert Steffnys folgend, wonach Arolsen „mit einem Malus von 6 bis 15 Minuten zu besetzen“ ist, und in Anbetracht der widrigen Umstände, wären unsere Leistungen auf vielen Strecken dieser Welt Zeiten von unter 2:49 respektive unter 3:59 Stunden wert gewesen. Aber was nutzt einem dieses Wissen? - - Wegen der Kälte und Nässe gaben 80 der 600 Gestarteten auf. Dirk Strothmann, Ex-Europameister im Duathlon, gewann Arolsen zum vierten Mal, diesmal unangefochten in 2:44 Stunden. Kenias Linus Mutai erreichte das Ziel abgeschlagen nach 3:28 Stunden. Der mit knapp 1700 Marathonstarts weltweit führende Preisler aus Hamburg, kam nach 5:50 Stunden am Twistesee an. FAZIT Strecke: Der Weg in Richtung Ziel hatte große Hindernisse. Viele lange, gleichförmige Anstiege und kurze, steile Knüppel machten Arolsen zu einem äußerst anspruchsvollen Langstreckengeländelauf. Dazu kann je nach Witterung schwieriger Untergrund und Wind kommen. Auf Kilometrierung wurde weitgehend verzichtet. Es waren nur die ersten und letzten fünf Kilometer beschildert, dazu die krummen Entfernungen an den Versorgungsstellen. Ausstrahlung: Das Niveau blieb eher mäßig. Doch den meisten ging´s nicht um gute Laufzeiten, sondern um Bewegung in der Natur. Arolsen lebte vom Kult, dem Idealismus seiner Macher und der Kameradschaft unter den Läufern. Aber Ursprünglichkeit um jeden Preis hat auch eine Kehrtseite... wie eine - vorsichtig ausgedrückt - eigenwillige Organisation. Herr Kuhaupt arbeitete mit einem sehr, sehr kleinen Team und übernahm alle Aufgaben von der Ausschreibung bis zur Ehrung in Personalunion. Spartanische Informationen, unaufmerksame Streckenposten, spartanische Verpflegung (nur Wasser und Tee und im Ziel unreife Bananenstücke) waren das Resultat. Und: Von einer Marathon-Medaille darf man mehr erwarten. Sie war beleidigend schlecht! Wirkung: In Arolsen kochte man sein eigenes Süppchen. Manches läßt die Erinnerung in keinem schönen Licht scheinen. Aber durch das anspruchsvolle Gelände und den Kampf Mann gegen Mann wirkten die 42 Kilometer kurzweilig. Für die Materialinteressierten: Frau lief mit Asics Gel-3000, Mann mit Adidas adiZero Adios. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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EHRUNG UND ABSCHLUß Abends halb sechs fanden sich zweihundert Sportler und Begleiter in der Twisteseehalle ein. Mit einer Abschiedsrede der Veranstaltereheleute ging die Geschichte zu Ende. Es gab keinen Schadensfall. Ein Dank ging an alle Freiwilligen, Versorger und Gästehäuser. Ferner wurden die Finisher mit Stolz bedacht. (HK hatte früher selbst etliche Marathons aus Enttäuschung abgebrochen.) Eingebunden waren auch die Auszeichnungen der Sieger und Platzierten mit Sachpreisen. Aber: „Nicht die Ehrung ist der Höhepunkt. Der Höhepunkt war der Lauf!“, sagte Henner Kuhaupt. Die Preisverteilung bereitete mehr Bitterkeit als Freude: Als Zweiter meiner Altersklasse wurde ich mit einem Perlonbeutel, einem Jahresabo der „Laufzeit“, dem Buch des Zehnkämpfers Busemann, einem Gutschein von „Runnerspoint“, sowie drei kleinen Laufutensilien gewürdigt. Nach einem Plausch mit den Strothmann-Brüdern war Arolsen für uns abends um halb sieben Geschichte. Derweil sich alles auflöste, habe ich meine Verabredung eingehalten und mir im „Tattoo & Piercing by Stephan“ in Wetterburg zwei Runen unter die Haut stechen lassen. Das war mein Höhepunkt, und damit war der Marathon von Arolsen für immer verewigt. Mehr galgenhumorig als ritterlich fiel unser Abendmahl in der mittelalterlichen Ritterfestung „Wetterburg“ aus: Die Mägen waren die deftige Kost und das Germanengebräu nicht mehr gewöhnt. Zu vorgerückter Stunde haben wir noch ein Altes Gasthaus im Dorfkern beehrt, in dem ein betrunkener Schlesier in „White-Power“-Hemd mich als Marathonläufer wiedererkannte. Sonntag, 29. November Wie zum Hohn sonnenhell zeigte sich der Tag danach. An den Bäumen bewegte sich kein Blatt. Nach einem Umtrunk mit Sagres (Bier) und Generoso (Likörwein) im portugiesischen Klubhaus des FC Porto sind wir heimgefahren. In Frankfurt angekommen, war mein Knie geschwollen, dick und voller Blut - ein barbarischer Schmerz! Und das Ende vom Lied kam noch - und blieb als übler Beigeschmack: Die Antwort des Ausrichters auf meine Hinweise und Anregungen vom 12. Dezember Guten Tag, zu Ihren Vorwürfen kann ich z.Zt. noch nicht komplett Stellung nehmen. 1. Die Bezeichnung „Bimbo“ kam nach Befragung der Helfer von einem beim VP Punkt stehenden Zuschauer. 2. Ob es ein organisatorischer Fehler war oder ein hektischer am VP Punkt, werde ich nach weiteren Befragungen klären. 3. Die versprochen neue Urkunde mit 2:59,59 werden Sie bekommen egal wie (der EDV Mann ist z.Zt.in Urlaub). (Gegen die ursprüngliche Bewertung hatte ich Protest eingelegt. Der Ausrichter zeigte sich kooperativ und wollte meine Brutto- in eine Nettozeit von 2:59 Std. umwandeln. Bei der Siegerehrung wurde mir gesagt, ich könne die „abgedruckte Zeit ja mit der Schere ausschneiden“. Anm. Verf.) 4. Die zugesandte Urkunde ist auf Ihren Antrag gefolgt. 5. Sie sollten bedenken, dass alle freiwilligen Helfer auf ihren Lauf verzichtet haben um Ihnen einen Lauf zu ermöglichen... 6. Ihre Mißachtung gegenüber den freiwilligen Helfern gefällt mir überhaupt nicht. Ich schäme mich den helfenden Mitläufern Ihre Stellungnahme zu schildern, weil ihnen sonst die Lust vergeht weiter zu helfen. 7. Bitte schreiben Sie mir keine E- Mails mehr. Ich habe in meiner 35 jährigen organisatorischen und läuferischen Tätigkeit bisher immer „Gleichgesinnte“ kennen gelernt. Das kann ich bei Ihnen nicht feststellen. 8. Alle Teilnehmer können in einer sachlichen, kameradschaftlichen Kritik bei uns landen, und wir lernen daraus. 9. Ihnen empfehle ich zukünftig z. B. in Ffm zu laufen. Hier haben Sie dann vor Ort die bessere Gelegenheit Ihrer Unzufriedenheit freien Lauf zu lassen. Meine Lebenserfahrungen und läuferischen Kenntnisse sagen mir: „Junge wärst Du zufriedener, dann wärst Du auch läuferisch besser“! In so einem Zustand bin ich 52 jährig noch 2:29:51 Std. gelaufen!! Guten Tag, HK, eigentlich nur ein „Läufer“. Mit der Organisation von Lauf-Treffs, Volksläufen und Marathonläufen wollte ich eigentlich anderen nur Freude bereiten!! Vom Faktotum Kuhaupt haben wir nie wieder gehört. Provinzposse, Nachtrag 1. Dezember 2011 Nach Querelen mit der Stadt und mangels Geld wurde der Ausrichter zu einem Umzug von der Twisteseehalle ins Strandbad gezwungen. Nach drei Jahrzehnten wurde der Zeitpunkt des Advent-Marathons auf Pfingsten verlegt. Die 42-Kilometer-Runde wurde zu zwei 21-Kilometer-Runden gerafft. Neuer Ausrichter des alten Advent-Marathons ist das „Sport Event Team“ Arolsen in Person der Familie Wierschula - die nur hundert Meter vom Haus Kuhaupt beheimatet ist... Wierschula hoffte auf zweihundert Anmeldungen. Kampfläufer Vitus im Dezember 2009 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wetter: regnerisch, 5ºC, Südwind mit 40 km/h und drehenden Böen Meldungen: 650 Am Start: 600 Im Ziel: 516 Männer 1. Dirk Strothmann (LG Solbad Ravensburg) 2:44:50 2. Michael Leck (Laufteam Wolfhagen) 2:53:31 3. Andreas Frigger (PSV Brilon) 2:57:06 4. Carsten Leck (LG Fuldatal) 2:58:17 5. Henning Hahn (TSC Höchstadt/Aisch) 2:59:13 6. Henning Austerschmidt (Tri-City 2001 Paderborn) 2:59:47 8. Mario Voland (Spiridon Frankfurt) 3:00:47 Frauen 1. Iris Walter (TV 1848 Meisenheim) 3:21:03 2. Antje Krause (Ultra Sportclub Marburg) 3:24:43 3. Anita Ehrhardt (Oldenburg) 3:29:50 4. Ursula Henning (ASV Köln) 3:34:54 5. Sanna Almstedt (ASFM Göttingen) 3:36:55 6. Beate Rosentreter (Paderborn) 3:39:24 Kampfläufer Vitus (Spiridon Frankfurt) Startnummer: 207 Nation: Deutschland Zeit: 3:00:47 Platz: 8 von 516 Gesamt Platz: 8 von 431 bei den Männern Platz: 2 von 104 in Klasse M45 Zwischenzeiten HM 1: 1:31:13 HM 2: 1:28:46 Peanut (Frankfurt) Startnummer: 208 Nation: Deutschland Zeit: 4:10:54 Platz: 275 von 516 Gesamt Platz: 30 von 85 bei den Frauen Platz: 6 von 20 in Klasse W45 Zwischenzeiten HM 1: 1:58:30 HM 2: 2:12:24 Ergebnisse Arolsen-Marathon | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||