ELECTRIC WIZARD, WARHORSE, GORILLA MONSOON
D-Dresden,
Nubeatzz, 14. Mai 2002
(((o))) Achtung, Achtung! Der erste Doom seit gefühlten hundert Jahren sollte an jenem Dienstag im Mai aus den Lautsprecherboxen des Dresdner „Nubeatzz“ kriechen! Zelebriert von Electric Wizard und Warhorse auf deren verlängertem USA-Feldzug. Mit den lokalen Helden Gorilla Monsoon vorneweg. Wind davon hatte ich drei Tage zuvor bekommen: SB, Mitgründer und Rock´n´Roll-Hyperventilator der Gorillas, gab mir den heißen Wink, als er mich in ´nem verwaschenen Fetzen von Eyehategod an der Bar der „Groovestation“ erblickte. (SB arbeitete dort als Barkeeper.) - - Und dann war sie da, die große Nacht. In den Stunden davor hatte ich mit Fraufreundin Peanut im „Heavy Duty“ ums Eck versucht, die Auf- oder besser gesagt: Erregung mit Schwarzbier zu abzumildern. Dabei vergaßen wir die Zeit und kamen erst um 22 Uhr 15 in der Eschenstraße Nummer elf an. Der Klub ganz am westlichen Rand der Äußeren Neustadt entpuppte sich als kleiner dunkler Ort mit Bar neben der Bühne und dem Hauch des Besonderen. Leider... Too late, too late...
... GORILLA MONSOON hatten die Bühne bereits verlassen. Am Eingang empfing uns der erwähnte SB, und drückte uns einen Silberling mit der Rohaufnahme 'Deflowered World' in die Hände. Wir hatten die Dresdner vor einem Jahr im „Heavy Duty“ erlebt - bei deren allererstem Auftritt überhaupt. Und wir waren damals sehr beeindruckt. Vokalist Cleaner, Jack Sabbath, der vom Gesang zum Bass gewechselte SB sowie Trommler Drumster verquicken tiefe Entombed-Gitarren, schwere Crowbar-Rhythmik und Vokale zwischen Down und Pantera zu einem sehr eigenen, äußerst explosiven Doomcore-Gebräu. Die Gorillas bezeichnen es als Hellrock, und ich war todtraurig, sie verpaßt zu haben!
Im Augenblick des Grams grölte jemand „We are Waaarhooorse from Ju-Es-Ej!“ ins Mikro - der Einstieg in eine Doom-Orgie, die tiefste Spuren hinterlassen sollte. Noch heute jagen mir Schauer über den Rücken bei den Erinnerungen! WARHORSE zogen mit ihrem Heavy Doomer 'As Heaven Turns To Ash' los. Ich wühlte mich durch ein Gemenge aus Bier, sechzig Langhaarigen und Metalshirts, schoß Bilder, reichte Peanut die Knipse, und schob mich wieder in die vorderste Reihe. Dicker Nebel quirlte über die Bühne. Im Licht waren geisterhaft drei Langhaarige auszumachen, die eine Apokalypse entfesselten, daß ich nicht wußte, ob ich veitstanzen oder auf die Knie fallen soll. Gestatten - aus Worcester, Massachusetts: die Lords Jerry Orne, Todd Laskowski und Mike Hubbard. Aus den Speakern quoll grollend Sludge-Lava ganz in Dunkelrotschwarz. Da war die in überfallartigen Wellen kommende „Lysergic Communion“ und die viertelstündige „Black Acid Prophecy“. Beide gemacht aus den schwersten Riffs aller Zeiten. Von tiefen Stahltrossen, jeder Hieb darauf Gänsehaut pur. Mit besessenen Vokalen, die die Gänsehaut schon schmerzen ließ. Und mit einem irrsinnig massiven Schlagwerk... Noch am Leben - oder schon vom Schlachtross zertrampelt? Das war eine Intensität, wie sie selbst Saint Vitus kaum zustande kriegen können. Ich stand halb als Vierter im Bunde auf dem Podium und doomte mir zu Füßen des nicht minder wild headbangenden Blondschopfs Laskowski das Mark aus dem Kreuz. Die Umgebung verwirbelte... Euphorie... Rausch... Ekstase! Der Doom des Erdballs lebte in diesen Augenblicken im Nubeatzz. Und das steht im schönen Dresden. Der süchtigmachende Brachialdoomer „Scrape“ setzte den Fangschuß. „Have nothing. Need nothing. Have nothing but scars... „: Er krachte stande pede in die Ruhmeshalle meiner dreißig Überlieder. Nur leider - wie der schönste Sex hat alles mal ein Ende. Und das kam nach einer Stunde viel zu früh! - Ich war überaus glücklich, mit Orne auf der Jungentoilette noch paar Wörter tauschen zu können. (Der sieht übrigens aus wie Doomgott Wino.) Den Rest der Nacht purzelte ich rum wie ein psychoaktiver Junkie.
ELECTRIC WIZARD hatten mit ihrem absurd verzerrten Stoner Doom von vornherein verloren. Eigentlich eine undankbare Aufgabe nach Warhorse, zumal das Neuwerk 'Let Us Prey' nicht zwingend begnadet ist. Selbst eine alte Killermaschine wie „Dopethrone“ konnte Sachsens Zeitlupenjünger nicht begeistern. Alles weitere kam arg synthetisch und verwaschen rüber. Schließlich unterbrachen diie Doomer aus dem südenglischen Dorset wegen einem defekten Bassverstärker. Nach halbstündiger Reparatur folgte der Supergroover „Supercoven“. Und gerade als Jus Oborn, Tim Bagshaw und Mark Greening im Begriff waren, die Herzen zu erobern, lahmte erneut das Gerät. (Obendrein soll Greening das von den Gorillas gestellte Schlagzeug förmlich „zerlegt“, und auch noch die Schwester vom Drumster vergeblich bezirzt haben...) Sichtlich entmutigt beendeten die Briten ihr Ritual. Der Sänger legte sich völlig frustiert auf die Bühne. Schade, das war kein „Elektrischer Zauber“. Aber wie schon der Weise sagte: Nur ein Narr häuft auf ein Vergnügen das andere!
 
Bei Licht lernte ich auch noch Thomas Schulz von Zschopaus Doomstern Dreaming kennen. Ich glaube, wir waren beide ziemlich dicht. Doch wir sollten uns noch oft treffen... Ich fühlte mich gut wie seit Jahren nicht mehr, war heute im Nirwana, und ging mit Frl. Peanut voller guter Energie. Wir sehnten uns kräftig nach einer Wiederholung der Geschichte. Doom Metal lebt! Nachti, Dresden!
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), im Mai 2002, Bilder: Peanut und Vitus
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
GORILLA MONSOON
u.a.:
Deflowered World
Alone Now
Fuck Humanity
Black Sun Disease
 
WARHORSE
1. Lysergic Communion
2. Doom´s Bride
3. Black Acid Prophecy
4. I am Dying
 
ELECTRIC WIZARD
1. Dopethrone
2. Barbarian
3. The Chosen Few
4. Supercoven
Priestess of Mars
The Outsider
Return Trip
Schulz (Dreaming) & Orne (Warhorse) mit Vitus