ROHLOFF-CUP 2021 / Teil 3.4
Baunatal-Hertingshausen, 7. Juli 2021
Prolog
 
Das zweite und letzte Rohloff-Rennen der Masters 4. Dieselbe Strecke, ähnliche Bedingungen und nahezu die selben Fahrer wie vergangenen Mittwoch: Die Wahrscheinlichkeit war groß, daß das Rennen in Nordhessen wie sein Vorgänger im Sprint entschieden wird. Abwarten im Windschatten? Oder Attacke und Alleingang? Heck oder Verreck: Das waren die Fragen, die ich mir vor der Neuauflage stellte. Nach dezenten Hinweisen war der Rennablauf leicht verifiziert worden: Die Rundenanzahl hatte sich um eine erhöht, die Renndistanz damit um einen Kilometer. Die Masters gingen statt nach sechs Runden diesmal 15 Sekunden nach den Frauen ins Rennen. Der Nachwuchs folgte weitere fünf Sekunden später und durfte nicht mit den Frauen und Männern zusammen fahren. Eine digitale Anzeigetafel zeigte diesmal explizit die Anzahl der Runden für die Mastersfahrer an. Nach Ansage und Glocke für die letzte Runde durfte keine Frau im Feld der Masters mehr mitfahren.
.:: DIE STRECKE ::.
Der 1976 errichtete Verkehrsübungsplatz in Hertingshausen hat eine Fläche von sechs Hektar, davon sind zwei Hektar Übungsfläche. Jene wird umringt von einer Asphaltellipse, zweispurig, 1100 Meter lang - die Rennstrecke des Rohloff-Cups. Hierin ging es wie auf einer Rennbahn linksrum. Gleich nach dem Start folgte eine leicht ansteigende Spitzkehre, darauf eine lange, geschwungene Gerade, bevor eine ausladende Hochgeschwindigkeitskurve in die parallel zum Hertingshausener Bach verlaufende, schnurgerade Zielgerade mündete. Schwierigkeiten bereiteten die ungewohnt späte Startzeit in den Abendstunden, die ruckelige Fahrbahn und besonders die beiden Kehren, die stark abgebremst und herausbeschleunigt werden mußten. Die Strecke war landschaftlich schön gelegen, harmonisch in die Felder, Waldstücke und die Kulisse der Habichtswälder Langenberge südwestlich Kassels eingefügt.
.:: DAS RENNEN ::.
Der ganze Tag war ein einziges Déjà-vu gewesen: Peanut und ich hatten uns minutiös vor Beginn des Stoßverkehrs in Frankfurt aus dem Staub gemacht, trotzdem war die rechte Spur der Autobahn von einer Endloskarawane Lastern blockiert, wir erspähten Gefährte, die wir schon am letzten Mitwoch sahen, und hatten letztlich wieder nach zwei Stunden um 17 Uhr auf der selben Stelle des Parkplatzes am Übungsplatz in Hertingshausen eingeparkt. Unsere Kasselaner Freunde Iris und Helmut waren vor uns da. Nur das riesige Wohnmobil fehlte: Der Leipziger hatte sich im letzten Moment als Nachmelder mit nagelneuem Thompson-Teamrad auf Beutezug nach Hertingshausen aufgemacht - und richtete mir Heimatgrüße von „Rübe“ Rübling aus. Neben uns parkten ferner die Masters- und Jugendsieger von letzter Woche, Fromberg und Kadrispahic. Dazu gab sich eine halbprofessionelle Damenriege die Ehre. Sowie ein Heidelberger, der frisch von den Alpenetappen der Tour de France aus Albertville anreiste. Und wie so oft im Leben, entscheiden manchmal Pfennigartikel über Gedeih und Verderb - etwa schnöde Haargummis. Denn Haare bis zum Arsch verboten sich natürlich. Ohne die Hilfe meiner Frau, die meinen improvisierten Pferdeschwanz an den Trägern der Rennhose fixierte, wäre ich aufgeschmissen gewesen. Überdies wähnte ein Zaungast meine Partnerin als Rennpersonal, und erkundigte sich am angelehnten Tor vorsichtig, ob das Rennen Eintritt koste...
Wie eingangs erwähnt, hatten sich die Abläufe professionalisiert. So das Startprozedere, das nach kurzer Unterweisung Punkt 19.15 Uhr die Damen eröffneten. Als Nächste bezogen die Masters Aufstellung an der weißen Linie; final folgte der Nachwuchs. Eine milde Abendbrise wehte über den Platz, als eine halbe Runde nach den Ladys die Männer ins Rennen gingen. Ich erwischte einen Blitzstart, war sofort im Pedal, und da niemand folgte, versuchte ich zu entkommen. Aber eine 34 Kilometer lange Flucht als Solist vor drei Dutzend hochtrainierten Rennfahrern? Viele Hunde sind des Hasen Tod! Nachdem ich in den ersten drei Runden als Erster die Zieldurchfahrt überquerte und bereits den Schwanz des Frauenrudels dicht vor Augen hatte, wurde ich von der hetzenden Meute geschnappt. Wie letzte Woche liefen nun alle Wettkämpfe wieder zu einem großen Peloton zusammen. Jeder Versuch, mit einer überfallartigen Attacke zu entkommen, scheiterte. Ab der Rennmitte nahm ich die Beine hoch und blieb nur noch hinten drauf. Zehn Kilometer vor Schluß - als alles für ein Sprintfinale sprach - nahm ein Duo doch noch erfolgreich Reißaus. Ein dritter sprang hinterher. Im Mittelfeld eingekeilt, verpaßte ich den entscheidenden Vorstoß. Den richtiger Riecher hatte indes erneut Großegger. Unbeirrbar verteidigte das Trio einen Vorsprung von hundert Metern. Es siegte Hecht von LE Masters Leipzig. Dahinter kam es zum Sprint des Hauptfelds. Jenen gewann der Sieger des vorigen Rennens, Fromhold. Ich landete auf der vierten Stelle, sprich dem 7. Platz.
Epilog
 
Wie vor Wochenfrist spürte ich im Ziel nicht den Hauch von Erschöpfung oder Muskelschmerzen. Trotzdem reichte es wieder nicht aufs Podium. Das Starterfeld war diesmal voll ausgebucht und stärker besetzt, speziell die Starter aus Sachsen-Anhalt auf einem hohen Niveau. Auch ein Brite war unterwegs. Wir unterhielten uns noch lange mit anderen Rennfahrern, Begleitern und den Machern. Erneut verschmolz der Parkplatz zu einer kleinen, verschworenen Gemeinschaft. Mit Einbruch der Dämmerung verließen Peanut und ich als Letzte den Schauplatz in Hertingshausen.
 
 
Danke und Grüße

 
Bernd Hesse, Lordchen & Crew für diese warmherzige, idealistische Geschichte
Peanut, Iris & Helmut fürs Fahren, Zuschauen und Unterstützen
Die Leute, mit denen ich Kontakt hatte
 
 
Vitus, 8. Juli 2021; Bilder: Verkehrswacht Kassel, Peanut
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 23ºC, schwacher bis mäßiger Wind (13 km/h) aus Südwest
Typ: Rundstreckenrennen
Länge: 34 km
 
Gesamtmeldungen: 51
Im Ziel: 44
Masters 4: 23, Frauen: 8, Juniorinnen: 4, U15: 8, U13: 3
 
Masters 4
Am Start:
25
Im Ziel: 23
1. Uwe Hecht (Eisleber RC Mansfelder Land)
2. Marco Großegger (SC DHfK Leipzig)
3. Hans-Peter Grüing (RSC Wernigerode)
4. Jürgen Fromberg (RSV Gütersloh 1931)
5. Jörg Hein (RSG Hannover)
6. Michael Donner (RRG Osnabrück)
7. Vitus (Dresdner SC 1898)
 
Ergebnisse

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