OCHSENTOUR TOP 100 BERGZEITFAHREN
Tharandt, 16. September 2023
Prolog
 
„Nächstes Jahr wird es absolut keinen DSC-Cup mehr geben. Ich schaff´ es gesundheitlich nicht mehr.“ Mit den mit letzter Kraft gesprochenen letzten Worten des Chefs vom Dresdner SC nach dem finalen 20. Lauf des DSC-Cups auf der Heidenauer Radrennbahn, hatte ich zum zigsten Mal mit Radsport Schluß gemacht. Manfred Deckert war am 13. September nach sechzig Jahren in den Ruhestand gegangen. Ein Nachfolger stand noch nicht fest. Ohne Bahnrennen kein Grundspeed. Ohne Grundspeed keine Chance auf vordere Platzierungen auf der Straße... Anderntags erkundigte sich mein alter Mannschaftskamerad „Wolle“ Miersch: „Fährsde am Sonnamd s Bergzeitfahrn mit? De Ochsntour?“ Hm, dachte ich mir, schau ich mal im Netz. Meldeschluß war am selben Tag - doch „aus technischen Gründen mußte dieser schon vor 24 Uhr geschlossen werden“. Zum Glück wurde meine Anmeldung telefonisch angenommen. Tags darauf fuhr ich die Strecke von Tharandt nach Großopitz ab. Mit der montierten Übersetzung von 36/25 ließ sie sich gerade so durchdrücken.
.:: DIE STRECKE ::.
Nach dem Start am Pfarrhof in Tharandt und einem kurzen flachen Abschnitt im Tal der Wilden Weißeritz über die Straße An der Schmiede, führte die Route nach rechts den Opitzer Weg hinauf. Am Abzweig „Weißiger Höhe“ folgte sie dem Opitzer Weg nach links. Gleich darauf begann das Steilstück in Form einer S-Kurve bis zur Einmündung des Bauernwegs. Es folgte ein kurzes Flachstück, bevor es in eine lange, immer steiler werdende Gerade mit anschließender Linkskurve und damit ins Finale mit der Ankunft am alten Gasthof „Heiterer Blick“ in Großopitz ging. Der letzte Abschnitt über offenes Feld bot Angriffsfläche für den Wind. Das Ziel erreichten die Fahrer nach 1400 Metern. Dabei waren 130 Höhenmeter zu bewältigen. Die maximale Steigung betrug zwölf Prozent.
.:: DAS RENNEN ::.
Bei wonnigen Bedingungen machte ich mich also am Sonnabend Mitte September mit meinem Mädel von Pieschen durch den Plauenschen Grund und Freital auf den Weg ins zwanzig Kilometer entfernte Tharandt. Um elf hatten wir die Forststadt im Südwesten Dresdens erreicht. Kurz nach uns traf der Chef vom ausrichtenden Radteam Tharandter Wald ein - zu erkennen am Rahmenschriftzug „Militzer“. Nach einem flüchtigen „Hallo“ ging es auch schon los. Eine Sprecherin rief jeweils drei Fahrer zur Startrampe. Jene war mit optischem Countdown der letzten Minute sowie akustischem der letzten zehn Sekunden bestückt. Während die ins Pedal eingeklickten Fahrer auf den Start ihres Rennens warteten, wurden sie und ihr Rad von einem Helfer gestützt. Der Berg mußte zweimal erklommen werden. Zunächst kämpfte die Jugend in der Reihenfolge ihrer Anmeldung gegen die Uhr, danach die Männer, am Schluß Frauen und Kinder. Insgesamt waren es zehn Altersklassen. Gestartet wurde im Abstand von einer Minute, die Schüler gingen im Halbminutentakt in den Wettkampf. Im Anschluß wurde der zweite Lauf gestartet, und zwar 75 Minuten nach dem Start des ersten. Die Sieger wurden durch Addition beider Läufe ermittelt. Punkt zwölf Uhr wurden die letzten Sekunden heruntergezählt...
Als 21. in der Meldeliste wurde ich 12 Uhr 21 von der Kette gelassen, respektive ein bulliger Helfer schob mich kräftig an. Ein Ungeheuer der „Hors Categorie“ lag nicht voraus, aber es lohnte sich, die Kräfte gut einzuteilen. Denn die flachen hundertdreißig Meter zu Beginn und anfeuernde Helferinnen verführten zum Überziehen - was mir prompt geschah. Dazu wechselte der Berg seine Schwierigkeiten wie ein Chamäleon die Farben. Nach der Ebene wurde die Straße steiler und steiler, wand sich durch den Wald, verlor kurz an Steigung, nur um sich im finalen halben Kilometer erneut als giftiges Biest vor einem aufzutürmen. Nach 6:23 Minuten hatte ich den Gipfel in Großopitz ohne Sichtkontakt zu anderen erklommen. Nun war über eine Stunde bis zum zweiten Wertungslauf durchzustehen. Laktat aus dem Körper fahren, locker bleiben, und trotzdem die Spannung halten, das Gebot. - - 13:36 Uhr wiederholte sich der Vorgang. Wieder half mir der Recke in Grüngelb mit einem kräftigen Schub ins Rennen. Diesmal ließ ich es etwas ruhiger angehen - und fuhr gut damit. Wieder schoß Penaut im schweren Mittelteil Bilder von der Schinderei. Zaungäste stachelten mit „Hopp, hopp, hopp!“ an. Eingangs der Zielgerade saßen Eingeweihte, jemand rief: „Der DSC! Nochmal alles! Oberschenkel zeigen! Raus aus dem Sattel!“ Nach 6:18 Minuten hatte ich den „Ochsen“ von Großopitz zum zweitenmal bezwungen: fünf Sekunden schneller als im ersten Lauf. Und wieder als Solist. Spannend bis zuletzt blieb das Ergebnis: Es existierten weder Meldelisten, noch ließ sich der Kontrahent anhand der Startnummer ausmachen. Auf jeden Fall hatte ich das Treppchen im Visier...
Ehrungen
 
Halb drei wurden im Garten des Pfarrhofs bei Gulasch, Kuchen, Bier und Hardrock vom Band die Sieger und Platzierten aufgerufen. Jeder erhielt eine Urkunde, die ersten Drei wurden mit kleinen Medaillen belohnt. Die Sieger der Altersklassen erhielten den Ochsen-Pokal, eine Tharandter Holzkunst in Gestalt eines Ochsen... Nur ein einziges Rennen gewann ich jeweils in den beiden letzten Jahren. Beide waren wie zum Hohn Bergfahren, eine Disziplin, in der das Körpergewicht entscheidet. Aber mit 75 Kilo ist man weder ein Zwerg noch eine Bergziege. Dazu schleppte ich heute ein acht Kilo schweres Aerorad hinauf. Der zehn Kilo leichtere Tom Pfefferkorn als einziger mir bekannter unter hundert Pedaleuren war auf einem federleichten Bergrad Sechster von sechzehn Masters 1 geworden. - Nach fünfzehn vergeblichen Angriffen aufs Podium in diesem Jahr, und nachdem ich mehrmals knapp um die Früchte gebracht wurde, durfte ich am Ende der Saison binnen vier Tagen zwei Erfolge feiern. Ironie des Schicksals: beide nicht in ausgesprochenen Spezialdisziplinen - BRONZE in der Gesamtwertung des aus zwanzig Läufen bestehenden DSC-Pokals auf der Bahn. Und SIEG im Ochsentour-Bergzeitfahren.
 
 
Vitus, 18. September 2023; Bilder: Vitus, Radteam Tharandter Wald und Peanut
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 24ºC, schwache Brise aus Südost (15 km/h)
Typ: Bergzeitfahren (Jedermannrennen)
Länge: 2,8 km (2 x 1,4 km)
Zeit des Siegers: 8:28 Min.
 
Im Ziel: 55
Elite: 2, U23: 2, Masters 1: 16, Masters 2: 10, Masters 3: 5, Masters 4: 1, Masters 5: 2, Weiblicher Bereich: 3, Kinder: 13
 
Masters 4
Im Ziel:
1
1. Mario Voland (Dresdner SC 1898) 12:41 Min.
 
Ergebnisse

Radteam Tharandter Wald