18. KRITERIUM RUND IN DER ALTEN MESSE LEIPZIG
Leipzig, 13. August 2023
Prolog
 
Das Leipziger Messekriterium ging als eines der bizarrsten Rennen in meine Annalen ein. Wind davon hatte ich beim Bahnrennen des Dresdner SC in Heidenau bekommen, als ein Sportler über die Änderung der Ausschreibung schimpfte. Statt mit den Methusalems der Masters 4 sollte seine Masters 3 plötzlich mit den Jüngeren der Masters 2 auf die Strecke gehen. Der geänderte Ablaufplan erschien aber nicht als Änderung der Ausschreibung im Portal „Rad-net“, sondern als „Wichtige Info für die Teilnehmenden“ auf der Veranstalterseite des SC DHfK Leipzig - und dies erst nach Meldeschluß. Demnach fuhr meine Rennklasse aufgrund der Meldezahlen zusammen mit den Frauen - was wiederum zu Krach bei der Punktevergabe für die Rangliste des Deutschen Radfahrerbundes führte. Des einen Freud, des anderen Leid: Mit der Änderung ergab sich für mich zwei Tage nach dem Ostra Crit in Dresden im hundert Kilometer enfernten Leipzig eine neue Chance aufs Podium und Zähler für die Rangliste - böse Überraschungen inklusive...
.:: DIE STRECKE ::.
Das Rennen stieg auf der vierspurigen, von Deutschem Platz und Völkerschlachtdenkmal umrahmten Ost-West-Achse „Straße des 18. Oktober“. Aus der Vogelperspektive glich es einem Rechteck von tausend Metern mit zwei kerzengeraden dreihundert Meter langen Endlosgeraden, welches im Südosten vom Oktoberfestgelände und im Nordwesten von der Perickstraße begrenzt war, und je nach Wettkampf acht (Schüler) bis sechsundfünfzig Mal (Amaterure) zu durchfahren war. Und zwar gegen den Uhrzeigersinn linksrum. Das brettebene Terrain, glatter Asphalt, die breite Fahrbahn und technisch relativ leichte Kurven hielten die Geschwindigkeit ununterbrochen hoch. Allerdings bot das offene Messegelände viel Angriffsfläche für den Wind.
.:: DAS RENNEN ::.
Bei strahlender Sonne und sommerlichen Werten ging die Reise um neun in Dresden los. Nach anderthalb Stunden über die Autobahnen 4 und 14 nebst einer vom Navi vorgeschlagenen Umleitung über ein endloses schmales Sträßchen namens „Über die Felder“, hatten wir den hohen Doppel-M-Torbogen der Muster-Messe in Leipzig Südost durchquert. Da die Rennstrecke und die Zufahrt zur Anmeldung im „Zweirad Stadler“ bereits gesperrt war, mußten wir außen vorbei am Völkerschlachtdenkmal - wo wiederum Polizei den kurzen Weg durch den Wilhelm-Külz-Park absicherte. Nicht grundlos. Denn während ich mich bald darauf zwischen den alten Messehallen einrollte, trafen in der Puschstraße Fahrzeuge mit Kennzeichen aus Hessen ein, aus denen böse Menschen stiegen, die wenig später in schwarzer Kleidung mit Erkennungssymbolen der rechten Szene und nichts Gutem im Sinn über den Parkplatz vorm Stadler marschierten. Es waren Skinheads und Hooligans auf dem Weg zum Hochrisikospiel Lok Leipzig gegen Eintracht Frankfurt...
Um zwölf ertönte im Herzen der Alten Messe der Pfiff zum START für die Schar aus fünf Frauen und acht alten Haudegen der Masters 4 - im Grunde einer ähnlichen Aufstellung wie zwei Tage davor im Ostragehege Dresden. Nur der Ex-Masters- und Vizweltmeister Bernd Schmelz aus Kassel stieß neu dazu. Trotzdem unterschieden sich die Rennen vollkommen. Keinem der Favoriten - weder Schmelz noch Seriensieger Ralf Keller - gelang die Flucht. Während sich die beiden belauerten und damit das Rennen neutralisierten, spurtete wie gewohnt der verdeckt fahrende Großegger sowie die junge Elitefrau Schoppe alle drei Runden um die Punkte. Nach dem ersten Rennviertel hatten „Kelli“, Schmelz, „Grossi“, ich und die Frauen Schoppe und Rücker den Rest abgehängt. Allerdings mußte ich in den tiefroten Bereich gehen, sprintete immer wieder um wenige Zentimeter an den Zählern vorbei, und war auch schon aus dem Sextett gefallen - als plötzlich ein Trupp schwarzgekleideter Männer über die Rennstrecke lief, die Spitzengruppe ausbremste, und ich die aufgegangene Lücke wieder schließen konnte. Hooligans auf dem Weg zum Bruno-Plache-Stadion retteten mir den Arsch. Stattdessen fiel zehn Runden vor Schluß Großegger aus der Spitze. Allerdings hatte er da schon zu viele Punkte gesammelt, als daß ich ihn vom Treppchen stoßen konnte. Aber Kampfrichter Lohr hätte mich im ZIEL „wegen ungebührlichen Verhaltens sowieso um einen Platz distanziert“. Wahrscheinlich hatte die Sonne so stark gebrannt, daß ich beim Nachwuchsrennen zwecks Besichtigung auf die Strecke fuhr...
Epilog
 
Ein weiteres Mal war ich knapp am Podium gescheitert. Dafür kamen zwei Fahrer an unser Auto, um zu plaudern: erst der Leipziger Bomball, dann der im bulgarischen Radsport aufgewachsene Nedew aus Berlin. Nach dem Rennen wurde über Randale beim Lok-Spiel berichtet. Die Polizei suchte nach zwei jungen Männern, die vor dem Spiel Gästefans angegriffen und 12.20 Uhr (zwanzig Minuten nach Start meines Rennens) an der Straße des 18. Oktober (Rennstrecke) zwei Frankfurter schwer verletzt haben sollen. Die Wertung des Rennens wurde erst nach meiner Reklamation bei Rad-net durchgeführt. „Das Rennen war ja gar nicht so ausgeschrieben. Da Rad-net mit den Ergebnissen auf die Ausschreibung aufsetzt, wußten sie nicht wohin mit dem Ergebnis und standen in Abstimmung mit dem VKK / VER. Die Diskrepanz wurde im Nachhinein zugunsten des tatsächlichen Ablaufplans geändert.“ Mit den Punkten von Leipzig stieß ich als 92. erstmals unter die Top 100 aller Mastersklassen in Deutschland vor.
 
 
Vitus, 17. August 2023, Bilder: Peanut
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::.
Wetter: sonnig, 24ºC, leichte Brise aus Süd (7 km/h)
Typ: Kriterium
Länge: 28 km
 
Im Ziel: 128
KT und Elite Amateure: 15, Masters 2+3: 19, Masters 4: 8, Junioren: 9, U17: 23, U15: 14, U13: 18, U11: 6, Frauen: 4, Weibliche Klassen: 12
 
Masters 4
Gemeldet:
8
Am Start:
8
Im Ziel:
8
1. Ralf Keller (RSG Muldental Grimma) 40 Pkt.
2. Bernd Schmelz (TSV Blau-Weiß Ippinghausen) 13
3. Marco Großegger (SC DHfK Leipzig) 10
4. Mario Voland (Dresdner SC 1898) 5
5. Jürgen Bomball (RSV AC Leipzig) 1 -1 Rd.
6. Schterion Nedew (Berliner RC Semper 1925)
 
Ergebnisse
Rad-net