HAMMER OF DOOM IX
 
KADAVAR, TROUBLE, JESS AND THE ANCIENT ONES, REINO ERMITAÑO, WOLVESPIRIT
D-Würzburg, Posthalle - 14. November 2014
Prolog
 
Ganze zwölf Tage nach den „Dutch Doom Days“ in Rotterdam stieg mit dem „Hammer Of Doom“ in Würzburg das nächste große Doom-Ding. Die Organisation lockte mit den Göttern Trouble und Saint Vitus. Wegen hohen Fanaufkommens hatten Frau Peanut und ich bereits vor einem halben Jahr die Unterkunft gebucht... und dann verlor sich plötzlich die Lust. Rotterdam war noch gar nicht richtig verarbeitet, und drei Tage vorm Ereignis krachte eine Bombe auf uns nieder, die uns die Luft zum Atmen nahm. Wino fiel aus! Die Seele!
 
Freitag, 14. November (1. Tag)
 
Mit der Privatwohnung von einem früheren Würzburg-Marathon hatten P. und ich immerhin eine Bleibe mitten im Zentrum der Stadt, nur zehn Gehminuten vom Festival entfernt. Die Zweitageskarte lag mit 50 Euro im fairen Rahmen, und nach Mainfranken ist´s nicht weit. Dazu war ich innerlich wieder im Lot: Vor einigen Wochen hatten Weißkittel mir einen plötzlichen Herztod prophezeit, würde ich mich nicht in einem Siechenhaus behandeln lassen. Und zwar sofort! Aber da hatten sie nicht mit der Kraft des Willens und der Selbstheilung gerechnet... Es war nur eine weitere Erfahrung, die mir zeigte, daß es das Schicksal jedem von uns in die eigene Hand gegeben hat, ob wir ins offene Messer von Quacksalbern und Scharlatanen rennen wollen, oder über uns selbst bestimmen. - Freitagmittag hatten wir die Wetterau gegen Würzburg eingetauscht, und waren nach einem Jahr, kurz nach sechs Uhr abends, in das festungsartige Betonareal der Post am Bahnhofsplatz zurückgekehrt. Wie im Vorjahr wurden an den beiden Tagen insgesamt zweitausend Besucher gezählt. Tausend davon waren Kuttenträger, die sich fettigen Imbissfraß einverleibten. Wacken ahoi!
Eine Viertelstunde früher als geplant hatten WOLVESPIRIT einen Abend der weitgehend leichten Muse eröffnet. Dabei fiel der Kommune aus Würzburg die Rolle der Blues Pills aus dem Vorjahr zu. Vier Kerle in Hippiekluft spielten tiefenentspannten Sechziger-Blumenkinderrock mit einer reifen Deutschamerikanerin an der Front. Debbie als ein aufgetakeltes, nach Ruhm lechzendes Janis-Joplin-Aschenputtel war keine wirkliche Entdeckung. Jedes Interess am Fortgang der Geschichte verflüchtigte sich nach einer Viertelstunde. Treu ihrem Motto, das Leben locker zu nehmen, lautete der Kommentar am Ende: „Der letzte Song ist für alle, die die Freiheit lieben und auf Motorräder stehen. Ich hab´ zwar keins, aber ich kann mir vorstellen, wie´s ist.“ Nach einer halben Stunde und einem symbolischen Dreh am Gasgriff, war der Hottie mit hennarot wehendem Haar und „Gypsy Queens“ auf den Lippen davongebraust. Einhundertfünfzig taten sich den Retroschrott an.
Auch das folgende Rudel hatte mit Tania Duarte eine Frau am Mikro. Eloy Arturo, Marcos Coifman und Julio Almeida hießen ihre Gefährten. Jene zelebrierten zusammen Heavy Witch Doom - wahlweise auch Nacho Pop -, und stellten sich vor ihrem dritten Lied als „We are REINO ERMITAÑO from Peru“ vor. „El Sol Tras la Niebla“ war zugleich eins der Glanzlichter der Südamerikaner. Reino hatten vor fünf Jahren auf ihrem ersten Feldzug über Europa einen Auftritt beim Doom Shall Rise, und mußten dort gegen die Zeitverschiebung, das Lampenfieber und die Technik ankämpfen. Heute lief´s zwingender, um nicht zu sagen: Reino waren entwaffnend! Sie hatten einen neuen Gitarristen und mit 'Conjuros De Poder' ihr mittlerweile fünftes Langeisen am Start. Jenes strotzt vor prachtvollen Oden an ihre Heimat, die Kraft der Natur, die Anden, und es handelt von sagenhaften Figuren und der Vergänglichkeit des Lebens. Vorgetragen wurde es von wuchtig-dunklen Aparillos und dem schwelgerischen, zum Ende hin fast überschäumenden Spanisch Tanias. Tania war es auch, die uns anderntags mit verschenkten Silberlingen vollends verhexte. Die eremitischen Vier doomten von 19.00 bis 19.45 Uhr. Muy grande!
... und dann kam die dritte Gruppe mit einem Weib in vorderster Linie. Die mit kristallklarem Sopran singende Jess wurde von sechs Männern flankiert. JESS AND THE ANCIENT ONES kamen mit zwei Leit- und einer Rhythmusgitarre, mit Bass, Orgel und Schlagzeug. Dabei war das Septett aus Kuopio fest im okkulten Rock und Metal der Siebziger und Achtziger verwurzelt, was wohl Jess´ Antenne für schwarzmagische Rituale geschuldet ist. Zu erwähnen sind außerdem, daß der Gitarrist zu Beginn in einer sehr tiefen, sehr spirituellen Andacht inne hielt. Und daß beim vorletzten Stück der 2,03 Meter hohe El Hulle aus Hamburg angereist war. Wie fast alle Gruppen, reizten die Finnen ihren Korridor von 20.01 bis 20.48 Uhr geradezu minutiös wie ein Uhrwerk aus. Die Ancient Ones waren in Ordnung, hatten nur einen kleinen kapitalen Fehler - ihre Sängerin.
Kyle Thomas, Bruce Franklin, Rick Wartell, Rob Hultz und Mark Lira standen für die Schwermetallattacke des diesjährigen Hammer Of Doom. Mit ihrem Dreifachschlag „The Tempter“, „Assassin“ und „Psalm 9“ legten TROUBLE Würzburg gleich zu Beginn in Schutt und Trümmer. Auf die schaurig-schönen Epiker aus den Achtzigern ließ es die Legende etwas rockiger, flockiger angehen, und feuerte diverse Heavy-Blueser jüngeren Datums in die eintausendköpfige Gefolgschaft, allen voran „When The Sky Comes Down“. Zum Ende hin folgte der Psychedeliker „At The End of My Daze“, darauf die neue Gruppenhymne „Hunters of Doom“, sowie eine Anhimmelung von Sabbath durch „Supernaut“. Aber diese Stunde wäre unvollkommen gewesen ohne die finale Todeskapsel gemeinhin - die Rede ist von „R.I.P.“. Rest in peace ließ uns völlig durchdrehen. Trouble aus Chicago, Stadt der Gangster, waren nackter Wahnsinn. Eine Steigerung am heutigen Abend? Völlig ausgeschlossen! Yeah!
Lupus, Dragon und Tiger: Das waren die tierischen Künstlernamen des heutigen Hauptakts. KADAVAR lieferten die Vollbedienung in Sachen Prog und Psych, bei der sie auf einer Lauflänge von achtzig Minuten wild die Mähnen durcheinander wirbelten - wobei eine gigantische Windmaschine von hinten den Effekt plakativ überhöhte. Dabei ragte Trommler Tiger mit einer supertaffen, knallharten Performanz noch heraus. Während die Troika aus Berlin für viele ein elektrisierendes Spektakel mit Schauwert bildete, war sie für manche auch quälend langweilig (und dieser Effekt konnte sich durch eine unerwartete zweite Zugabe weiter verstärken!). Ein halbes Dutzend war in einer Sitzecke in Korbstühlen aufgereiht eingeschlummert. Ein Bild für die Götter, schade, daß ich´s nicht abgelichtet habe. Am Ende des Tages konnte für mich nur Enttäuschung stehen. Nach Mitternacht stieß ich an der Bar auf meinen schwäbischen Spezl Kischde, der mir Uli, sein markiges „Ein und Alles“ von One Past Zero, vorstellte. Die Beiden sollten noch schlimm abstürzen...
 
... denn am Ausgang der Posthalle war der Tanzboden mit den Plattenlegern DJ Fränk (Labby) und DJ Sunhair (H2O) zur AFTERSHOWPARTY aufgebaut. Frl. P. bewahrte mich vor größeren Dummheiten...
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
TROUBLE
(21.09-22.29)
1. The Tempter
2. Assassin
3. Psalm 9
4. Bastards Will Pay
5. Endtime
6. Revelation (Life or Death)
7. When the Sky Comes Down
8. Flowers
9. Wickedness of Man
10. Paranoia Conspiracy
11. Hunters of Doom
12. At the End of my Daze
13. Supernaut [Black Sabbath]
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14. R.I.P.
15. All is Forgiven
 
KADAVAR
(23.00-0.20 / ohne Gewähr)
1. Liquid Dream
2. Living in Your Head
3. Doomsday Machine
4. Into The Night
5. Eye of the Storm
6. Broken Wings [Aqua Nebula Oscillator]
7. Black Sun
8. Forgotten Past
9. Black Snake
10. Come Back Life
11. Creature of the Demon
12. Purple Sage
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13. Goddess of Dawn
14. All Our Thoughts
M-22 und die Hexe aus Lima
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Heiliger Vitus, 21. November 2014; Bilder: Vitus und Peanut