GODSLEEP
D-Frankfurt am Main, Dreikönigskeller - 11. Oktober 2023
Der skurrile Triantafyllos Laiki Kostis hatte an jenem lauschigen Mittwoch im Oktober zu einem Abend unter Freunden geladen. Nach langer Funkstille ein neues „Sky High“, diesmal mit Athens Godsleep. Ein gefundenes Fressen für die griechische Familie Frankfurts. Gleich fünf davon - ein Mädelabend pummeliger Helleninnen - sollten neben Frau Peanut und mir auf allerengstem Raum trinken, quasseln und tanzen. Neben weiteren Mediterranen gaben sich ein grotesk langer Stadtindianer, ein schlohweißer Headbanger, eine Karl-Lagerfeld-Reinkarnation im langen Ledermantel, sowie verschiedene potenzielle Fußballfans ein schräges Stelldichein. Hinterm Tresen verlangte der altbekannte schlecht sehende, schluffige Kultkneipier vier Euro für die Flasche Binding. Ein gewisser DJ Witchdoctor sorgte für Klänge aus der Konserve. Warum die Gruppe vom Olymp des griechischen Heavy Stoner Psych ins kleine Saufloch am Eisernen Steg verfrachtet wurde (und nicht ins angestammte, vierhundert Besucher fassende „Bett“), bleibt Laikis Geheimnis. Alle zusammen wurden auf eine lange Geduldsprobe mit stabilen Blasen gestellt. Wegen Soundcheck verschob sich der angekündigte Einlaß um eine Stunde auf 21 Uhr. Nach Löhnen eines Zehners wurde der Gast gleich am Eingang von einem Stand voller Nickis, Jacken und Tonträgern empfangen. Dahinter saß eine Blondine, die den männlichen Besuchern mit ihren großen dunklen Augen, knallroten Lippen und spektakulären Rundungen den Verstand wegsprengte.
Die Akteure von GODSLEEP konnten unterschiedlicher nicht sein. Sängerin Amie Makris war eine vor Energie schier übersprudelnde Lebefrau, die mit ihren Reizen nicht sparte und sich nicht darum scherte, was andere über sie dachten. Gitarrist Johnny und besonders die bärtigen Fed und Dennis an Bass und Schlagzeug wirkten eher introvertiert, waren körperlich deutlich zurückhaltender, und hielten Abstand zu ihrer überdominanten Fronterin. Doch Amie wollte mehr. Und irrierte immer mehr. Als sie sich nach dem dritten Lied ihrer Bluse entledigte und fortan in provokantem BH verführte, schien alles möglich. Zumal unterm Einfluß germanischem Gerstensafts - den sie mit dem Trinkspruch „Jámas“ und dem sexy Züngeln einer Schlange trank. Bis ihr nach einer Stunde mit klatschnasser Mähne die Kräfte schwanden. „I´ve never seen a bubble like this!“, stellte Amie angesichts der klaustrophobischen Verhältnisse fest. Bis dahin hatten Godsleep das Beste von ihrem zweiten und dritten Album, 'Coming of Age' und 'Lies to Survive', gespielt, das Debüt 'Thousand Sons of Sleep' mit Kostas am Mikro dabei komplett ausgelassen. Ein Renner jagte den nächsten. Allen voran das überlange „Unlearn“. Die magisch hupende Stonergitarre, wuschige Bassläufe, kraftvolle Trommeln und die knallharte, zwischen Zorn und Ängsten, Mythen und Drogen changierende Frauenstimme, hätten an jedem anderen Ort mit anderen Leuten eine unvergessliche Nacht gemacht. Nicht so der Dreikönigskeller. Manche sahen eine außergewöhnliche Darbietung, der Ort verwandelte sie aber in etwas Gewöhnliches: einen Klumpen voll Alkohol und Schweiß. Frankfurt war Godsleeps zehnte von fünfzig (!) Stationen eines Marathons nonstop durch ganz Europa. Es war gewissermaßen erst der Anfang. Nur raus aus dem Schwitzkasten, weg von den Kellerkindern!
.:: ABSPIELLISTE GODSLEEP ::.
(21.33-22.46)
 
1. Booster
2. Ex-Nowhere Man
3. Cracks
4. Celestial
5. Pots of Hell
6. Unlearn
7. Permanent Vacation
8. Pavement
9. Ded Space
******
10. This is Mine
Zum heimlichen Star der Nacht stieg das Eschersheimer Fußballkneipchen „Zur Post“ auf, aus der das Hessenfernsehen früher die montägliche Fußballrunde „Heimspiel!“ sendete. Hier saßen Peanut und ich noch ein entspanntes Stündlein zwischen blinkenden Spielautomaten, stämmigen Eintracht-Anhängern, verlorenen Seelen, veganen Schaumsüppchen und gekelterten Äpfeln zusammen.
 
 
Heiliger Vitus, Freitag, den 13. Oktober 2023