HEAVY PSYCH SOUNDS FEST #3
 
GREENLEAF, DUEL, DANAVA, ACID MAMMOTH, THE LORDS OF ALTAMONT, BLACKWATER HOLYLIGHT, IRON JINN
D-Dresden, Chemiefabrik - 27. Oktober 2023 (Tag 1)
Prolog
 
Aller guten Dinge sind drei? Nicht für meine Freundin und mich bei der Nummer drei des von den renommierten Heavy Psych Sounds Records initiierten Retro-Rock-Rituals in Dresden. Nachdem zwei Nächte vor der Premiere 2019 meine Mutter ins Himmelreich gegangen war (womit das Fest für uns von vornherein in den Hintergrund trat), folgten die Pandemieabsagen 2020 und 2021, sowie das entgangene Wiedererwachen 2022. Mit inzwischen vier Jahren Abstand wirkte unser diesjähriger Besuch wie die Heimkehr in eine untergegangene Zeit... 2023 war das HPSF größer und internationaler als je zuvor. Dreizehn Gruppen aus USA, Schweden, Italien, England, Griechenland, den Niederlanden - und: keine aus Deutschland! - gaben sich ein Stelldichein. Wobei die Akteure zwischen den Berliner Klubs „Lido“ und „Urban Spree“ und der Dresdner „Chemiefabrik“ pendelten; Wer am Freitag in Berlin auftrat, war am Sonnabend in Dresden, und umgekehrt. Dresdens lokaler Organisator war Elbsludgebooking. Und der Schauplatz, die Chemiefabrik - das ist sowieso ein Ort von großer Kraft und voller interessanter Geschichten...
 
Freitag, 27. Oktober (1. Tag)
 
Unsere Entscheidung zur Teilnahme fiel äußerst kurzfristig, und war sowas wie ein vager Ersatz für das Fernbleiben von den alljährlich beehrten „Dutch Doom Days“ in Rotterdam. Als „Goddess of Doom“ Peanut sich mit mir am Vormittag in Frankfurt auf Achse machte, waren wir uns bewußt, womöglich eine oder zwei Gruppen zu verpassen. Aber wer konnte ahnen, daß sich auf den 470 Kilometern nach Dresden eine Endloskarawane Blech im Schneckentempo voranwälzte? Nach sieben Stunden im Regen auf den Autobahnen 5 und 4 war die Elbestadt erreicht. Gerade noch rechtzeitig, um unsere Eintrittskarten bei Sax-Tickets abzuholen...
 
Die Niederländer IRON JINN erlebten wir nur fünfzig Kilometer von der „Chemo“ entfernt im Stau vor Wilsdruff. Hörproben von Iron Jinn versprachen schwebenden Psych/Prog-Rock in der Art früher Pink Floyd. Mit den ersten Klängen in echt um 17 Uhr 20 entkappte ich das erste Bier.
 
Als um 18 Uhr 10 BLACKWATER HOLYLIGHT aus Portland, Oregon die Bühne bestieg, holte Peanut gerade unsere für 150 (!) Euro erworbenen Hardtickets am Kartenschalter in der Schauburg ab. Zwei der amerikanischen Mädel trafen wir später am mit Herzblut gehüteten Merchandisestand. Dem Vernehmen erinnerten Blackwater Holylight mit ihrem typischen Psych-Rock an die fraugefronteten The Devil´s Blood.
 
Auch THE LORDS OF ALTAMONT kamen aus USA - Kalifornien - und tönten in unseren Ohren zwei Gänge wilder und kratziger - wie an The Hellacopters angelehnter Garagenfuzzrock. Inzwischen hatten wir unsere Bude unweit vom Schauplatz erreicht, und zogen eine frisch in den eigenen vier Wänden zubereitete Pasta dem Remmidemmi in der Chemo vor. Besser vier Gruppen richtig, als sieben mit leerem Kopf. Unser Koblenzer Bekannter Big Simonski war ebenfalls um elf im Westen gestartet - nicht mit seiner Frau, die hatte keine Lust, stattdessen mit einem Ahab-Fan - und hatte bei seinem Jungferngang in die Chemo die letzten Takte der Lords miterlebt. Halb neun betrat ich mit Peanut das Gelände der Chemiefabrik. An der Fassade strahlte der Schriftzug HEAVY PSYCH SOUNDS, drin versammelten sich doppelt soviele wie bei der Premiere 2019: geschätzt vierhundert an beiden Tagen. Ausnahmezustand!
„Hello, we are ACID MAMMOTH from Greece“, lautete Punkt 20 Uhr 40 die Vorstellung der Ersten von Interesse. Und gleich jene trugen die stärkste Anziehungskraft für mich. Langsamer, tiefer und schwerer Stoner Doom aus Athen schien in Aussicht. Und dann thronten die Hellenen in der rotverdunkelten Bühne in natura vor uns: Chris Babalis Jr., Chris Babalis Sr. Dimosthenis Varikos und ein Livedrummer namens Bill - ein Headbanger mit glockenklarer Stimme am Mikro, ein manisch headbangender Bassist, ein Bärtiger an den Trommeln, und ein abseits stehender, nach außen hin einsamer grauer Wolf an der zweiten Gitarre, der in Wirklichkeit der mit allen Wassern gewaschene Vater des Fronters war. Acid Mammoth zelebrierten unterdes keinen Stoner Doom, vielmahr traditionellen, von Melodien getriebenen Doom Metal in der Manier von Candlemass und Warning. „This is our first ging since last year“, verkündete Babalis in schüchternem, gebrochenem Englisch... Und daß das nächste Lied von einem Volkslied aus den frühen Achtzigern inspiriert sei... Bevor er Organisator Friedo dankte, und mit „We will play here again!“ den Auftritt beschloß. Dazwischen lagen vierzig Minuten Doom, der am Fuße der Akropolis siedelte, aber keine Neuerfindung des Genres war, der gewisse Längen wegen seines sonor hellen Gesangs hatte, und trotzdem als ehrlichster Doom des ganzen Festivals in Erinnerung blieb. Hinter der heilen, mit Gänsewein vorgetragenen Fassade tobte aber offenbar ein kleiner Krieg, als sich der mit einem Rucksack umherwandernde Vater und sein Sohn hinter einem Sichtschutz in die Haare kriegten, und eine Bierflasche zerschellte...
Auch die mit allen Metalklischees jonglierenden Akteure von DANAVA fügten ihrer pfeilschnellen Stilart keine neuen Facetten hinzu. Aber wenn Gregory Meleney, Kerby Strom, Dominic Casciato, Matt Oliver und der blonde, unbekannte Fünfte am Mikro wahlweise Haare, Arme oder nietenbewehrte Fäuste wirbeln ließen, kam mächtig Freude auf. Dabei immer wieder herzig wirkend: der überraschte Blick des ganz außen agierenden Gruppenkopfs Meleney, wenn er sah, wie die Meute mitging! Die Art, wie sich die 2003 formierten Danava (sprechen sich übrigens „Don-uh-vuh“) als hemmungslose Headbanger zeigten, und wie sie sagten, daß der nächste „our slowest song“ sei, machte die Schau unwiderstehlich. Gleich das zweite Stück „Nothing but Nothing“ hätte genauso Metallicas „Hit the Lights“ aus dem Jahre 1982 sein können. Ein Speedster jagte den nächsten, Gitarrengewitter folgte auf Gitarrengewiter, spitzer Schrei auf spitzen Schrei, und am Schluß trug jemand ein Tablett mit grünem Zauberelixier nach vorn - das die letzten Kräfte mobilisierte. Selbst ein von Big Simonski wahrgenommener Ausfall des Mikros fiel kaum ins Gewicht. Einzig nervenzerrend in der absoluten Power aus Portland, Oregon war eine Ansage mit dem harten Thema Polizeigewalt. Final stand eine atemraubende Metalhetzjagd, eine Wiederbegegnung mit den unsterblichen Achtzigern als Kontrast zum weichen Zeitgeist. Total obsolet, Ironie pur, aber leider sehr geil!
DUEL (sprich: „Du-hl“) hatten wir vor sechs Jahren an selbem Ort schon mal erlebt. Nun waren die kultigen Hardrocker Frank, Henson und Avants aus Texas zurück - mit neuem, jungen Trommler in den Reihen. Und brachten erneut eine gewisse wild-düstere Wonne über Dresden. Lange Haare, stromgeschockte Haare, literweise Tinte unter der Haut, einfache, räudige Trossen und der mit jeder Faser seines Körpers harte, krude Vokale herausschreiende Tom Frank: Alles war wie damals. Während der der Eine oder Andere am Seitenausgang eine depressive Verstimmung pflegte, und immer mehr überhaupt nicht nach Musikfans aussehende Leute durch die zu später Stunde unbewachte Tür illegal ins Halleninnere drängten (ich hätte gern die Eintrittsbändchen gesehen!), tauchte plötzlich Gorilla Monsoons „Drumster“ Sandro mit seiner Flamme vor mir auf. Wir erinnerten uns alter Zeiten - und dann waren die Beiden in der Dunkelheit verschwunden. Duels eindringlichstes Lied kam sehr spät - als erste Zugabe - und trug den Titel „Black Magic Summer“.
Der introvertierte und manisch ehrgeizige Holappa träumt wahrscheinlich sein ganzes Leben davon, an der Seite fähiger Mitstreiter zum Olymp des Stoner Rock aufzusteigen. Als dieser Wunsch eines Tages mit Dozer und ihrem fantastischen Zweitwerk 'Madre De Dios“ tatsächlich fast in Erfüllung ging, währte die Freude nicht lang: Die Wege trennten sich. Bis Holappa mithilfe des ebenfalls bei Dozer aktiven Trommlers Lidén und den 1999 gegründeten GREENLEAF die rockige Seite seiner Seele erkundete - und dabei den Bezug zum Stoner Rock verlor... Holappa hatte sich äußerlich kaum verändert, war auch heute der mit speziellen Saiten und Fuzzbord ausgerüstete, charismatische Nerd und schwergewichtige Mittelpunkt bei Greenleaf. Arvid Jonsson, Hans Fröhlich und Sebastian Olsson begleiteten ihn. Die Zeiger waren bereits über Mitternacht hinausgetickt, als der Vierer aus Schwedens Metalhochburg Borlänge in sein Stündlein hineinstartete - und Tommi voller Adrenalin wie ein Kobold umherspringend seine Schirmmütze verlor. Von psychedelischem Stoner Rock waren die Schweden so weit entfernt wie die Erde vom Pluto, von Holappas legendärer Nacht mit Dozer im Frankfurter „Cave“ 2001 so weit wie die Erde vom Saturn. Dies lag in erster Linie am viel zu harten Gesang. Ihre stärksten Momente hatten Greenleaf, wenn sie mit den sonnigen Queens of the Stone Age flirteten. Aber ich hätte sie lieber als Nachfolger der massiven Dozer gesehen. Nichtsdestotrotz wurde der erste und einzige Crowdsurfer des Festivals vom Bühnenrand durch die Halle gehievt. Um eins sind wir abgehaun; um drei lagen wir in der Heia; in fünfzehn Stunden ging´s weiter...
 
 

Heiliger Vitus, 1. November 2023
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
IRON JINN
(17.20-17.50 / ohne Gewähr)
1. Reach Out [Eleven]
etc
 
BLACKWATER HOLYLIGHT
(18.10-18.50 / ohne Gewähr)
1. Delusional
2. Who the Hell
3. Synth Song
4. Seeping Secrets
5. Motorcycle
6. The Protector
7. Silence/Motion
8. Every Corner
9. Heavy Wing
******
10. Unbekannt (Neues)
 
THE LORDS OF ALTAMONT
(19.10-19.50 / ohne Gewähr)
1. Born to Lose
2. The Other Side of This Life
3. Living With the Squares
4. I Said Hey
5. I Just Want
6. Going Downtown
7. Going Nowhere Fast
8. She Cried
9. Come Back Baby [Walter Davis]
10. Levitation Mind
11. Million Watts Electrified
12. Get in the Car
13. Action
14. $4.95
15. Like a Bird
16. The 7th Day
17. F.F.T.S.
******
18 The Split
19. Buried
20. Cyclone
 
ACID MAMMOTH
(20.40-21.20 / ohne Gewähr)
1. Unbekannt (Neues)
2. Tree of Woe
3. Unbekannt (Neues)
4. Tusks of Doom
5. Them!
6. Jack the Riffer
 
DANAVA
(21.45-22.24)
u.a.:
Nothing But Nothing
At Midnight You Die
Strange Killer
 
DUEL
(22.45-23.35)
1. Wave of the Fire
2. Devil
3. Children of the Fire
4. Electricity
5. Strike and Disappear
6. Heart of the Sun
7. The Kraken
8. The Veil
9. Bite Back!
10. Blood on the Claw
11. Anchor
12. Fears of the Dead
******
13. Black Magic Summer
14. Red Moon Forming
15. Locked Outside
 
GREENLEAF
(0.15-1.15)
1. Our Mother Ash
2. Sweet
3. Ocean Deep
4. Trails and Passes
5. Good Ol´ Goat
6. Bonno
7. On Wings
8. Tides
9. Let it Out!
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