EYEHATEGOD, APOSTLE OF SOLITUDE, BASTARDO
D-Wiesbaden, Schlachthof (Kesselhaus) - 7. Mai 2024
Goddess of Doom Peanut wollte Apostle of Solitude sehen und dafür den langen Weg nach Wiesbaden gehen - zur Not auch über Leichen. So drängend hatte ich sie selten erlebt. Doch ich ging darauf ein und trennte mich dafür kurzfristig von meiner Dresdner Radsportgruppe. Eines der raren Doomereignisse mit zwei Kultgruppen aus USA führte uns also Anfang Mai von der sächsischen Elbe an den Rhein ins hessische Wisibada.
 
Um die Geschichte schön rundzumachen hatten die Ausrichter BASTARDO mit fetten Gitarren und schweren Bässen und Trommeln eingeladen. Die Befragungen waren kaum ergiebig. Big Simonski äußerte: „War Stoner Rock. Aber den magst du ja nicht.“ Obwohl sich keiner dafür interessierte, hütete ein langes Leiden samt einem Mädel geduldig den Plattenstand der Marburger. Begonnen hatte der Abend für uns allerdings mit riesigem Verdruß. Nach einer Baustelle und einem Halt wegen eines vorbeifahrenden Zuges kam unsere S-Bahn mit mächtig Verspätung in Wiesbaden an. Das „Kesselhaus“ präsentierte sich mit dreihundert Leuten berstend voll. Darunter tummelten sich etliche Spinner, etwa ein Fräulein, das bei Apostle of Soiltude mit ausgestreckten Armen Pogo tanzte. Bastardo liefen ohne uns.
Wir konnten es nicht fassen, daß APOSTLE OF SOLITUDE schon doomten. Aber unser Fehler diente auch als Allegorie auf die Qual und Verzweiflung dieser Tage. Nichtsdestotrotz feierte die True-Doom-Ikone aus Indianapolis ihren zwanzigsten Frühling und kreuzte dafür einen halben Monat über Europa. Sechs Jahre war es her, seit wir sie letztmals im Hammer-of-Doom-Festival in Würzburg gesehen haben! Nun waren sie mit voller Kraft zurück in der Alten Welt - um Lieder aus zwei Jahrzehnten zu zelebrieren. Neben Frontmann Chuck Brown, dem langhaarigen Sechssaiter Steve Janiak und Trommler Corey Webb stand mit Marshall Kreeb ein neuer Bassist. Nach ihrem unvergesslichen Auftritt 2016 in Würzburg und dem eher enttäuschenden Wiedersehen 2018 ebenda, vermittelten die Amis diesmal wieder die ganze Faszination des Doom. Getragen von einer leidvollen, hellen Singstimme und ihrer ureigenen endzeitlichen Grundstimmung wußten die vier zurückgenommenen Typen, geschundene Seelen geradezu, mit tragischen Klängen im Schneckentempo, und einer natürlichen, grundehrlichen Darbietung bei unserem dritten Besuch wieder das gewohnt hohe Niveau zu erreichen. Apostle of Solitude zeigten sich heute alles überwältigend bis zum Schluß. Nachdem Chuck sich nach der verbleibenden Zeit erkundigt hatte, setzte es final den stärksten Gänsehautmoment der Nacht überhaupt durch ein Lied vom Erstwerk: „The Messenger“ besiegelte eine Dreiviertelstunde voller Emotionen. Im Nachhall stürzte ich mit Janiak und Marshall Weißbier. Wobei der bullige Gitarrist vor Schüchternheit und Unkenntnis kein Wort herausbekam und ich dem Schankburschen erklärte, daß er zur Gruppe gehört. Damit waren die Getränke frei - und Apostle of Solitudes Letztwerk 'Until The Darkness Goes' das Licht dieser Tage.
Mit der zehnten Stunde stiegen die Hauptakteure aufs Podium. In der Rolle des Frontmanns: Mike Williams - mit halb geleerter Flasche Weißwein in der Hand und wie in einem Yin und Yang zur Hälfte schwarz und weiß gefärbtem Haar. Jene hatte sich Sechssaiter Jimmy Bower abgesäbelt. Unverändert an Bord der zum Quartett geschrumpften Sludge-Legende aus New Orleans, Louisiana waren Gary Mader und Käppiträger Aaron Hill an Bass und Schlagzeug. Anders als gewohnt stiegen EYEHATEGOD mit einer zehnminütigen, freejazz-angehauchten Instrumenten-Improvisation ein, die Mike IX artifiziell versunken im Hintergrund verfolgte. Doch mit dem zweiten Stück und den ersten gefistelten Tiraden von Mike IX brach vorm Geviert ein Rempeltanz los. Finsterste menschliche Abgründe in düster dräuenden Klängen einerseits; zynischer Humor und genuschelte Dialoge mit der Meute nah am Klamauk (darunter ein gelerntes „Was ist das?“ auf Deutsch) andererseits: Der mit neuer Leber wiederhergestellte Frontmann spielte stark mit den Gegensätzen. Dagegen wirkte der früher so abgefuckte Bower heute seltsam altersmild. Alles in allem zogen die Amis ihre Schau hart und professionell durch. Aber ich vermisste die Seele. Die versuchte Mike Williams mit zwei Handgesten - einem Herz und Victory-Zeichen, sowie den Worten „Love and peace“ zu vermitteln. Als Zugabe diente wie zu Beginn eine Improvisation in Form eines Black-Sabbath-Medleys...
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), 10. Mai 2024
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
BASTARDO
(19.30-20.00)
Titel unbekannt
 
APOSTLE OF SOLITUDE
(20.15-21.00)
1. Keeping the Lighthouse
2. Ruination Be Thy Name
3. Deeper Than the Oceans
4. Blackest of Times
5. When the Darkness Comes
6. This Mania
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7. The Messenger
 
EYEHATEGOD
(21.21-22.45)
u.a.:
Intro: Jam
1. Masters of Legalized Confusion
New Orleans is the New Vietnam
Metamphetamine
Peace Thru War (Thru Peace and War)
White Nigger
Kill Your Boss
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Outro: Sabbath Jam