DUTCH DOOM DAYS XV
 
MONOLITHE, MOURNING BELOVETH, OFFICIUM TRISTE, GGU:LL, BLACK OATH, RITI OCCULTI, TREURWILG
NL-Rotterdam, Baroeg - 29. Oktober 2016
Sonnabend, 29. Oktober (2. Tag)
 
Während wir bei herrlichem Herbstwetter mit würziger Luft und milden Werten von der Paasweide (zu deutsch Osterwiese) über den Spinozaweg in Richtung „Baroeg“ schlenderten, hatte das Fest schon wieder Fahrt aufgenommen. Derweil uns am Einlaß neben blauen neue grüne Eintrittsbändchen ums Handgelenk gelegt wurden...
... ging´s drin im Baroeg harsch zur Sache. Vor der erstaunlichen Kulisse von achtzig Leuten waren TREURWILG pünktlich um 14 Uhr in ihren Auftritt gestartet. Wir trafen auf vier Kerle in schlichtem Schwarz und mit teils sehr langen Haaren, von denen der Vokalist als einziger mit gestutztem Schnitt zugleich auch einen alles durchdringenden Eindruck hinterließ. Wie unter einem aus Strahlen geformten Lichtdom stehend, zelebrierten Van Herpt, Heesakkers, Papen und Scheerder alles andere als Stoff, der an eine Trauerweide (=Treurwilg) denken ließ. Vielmehr wurden wir von ungeheurem Selbstvertrauen und harschem Death Doom in der Machart von Ophis niedergerissen. Mit einigen okkult-ewiglichen Effekten sonderten Treurwilg sich noch ab. Was zur frühen Stunde niemand ahnte: Mit Treurwilg aus Tilburg und derem brandheiß angeliefertem und heute freigegebenen Tonträger 'Departure', durchlebten wir eine der drei beeindruckendsten Gruppen des Festivals überhaupt! Die echteste und glaubwürdigste war es in jedem Falle!
Mit imperialer Schönheit optisch überwätigend kamen die Blackened Stoner Doomer RITI OCCULTI daher. Während die drei Römer an Bass, Trommel, Orgel (und keiner Gitarre!) wie Legionäre in purpurnen Kutten mit goldenem Saum gekluftet waren, präsentierten die beiden Damen an der Front ihre opulenten Rundungen in durchscheinendem Tüll. Signorina Marchetti erschien mit klaren Vokalen ganz in Weiß, Signorina Mastracco mit harscher Stimme in Blutrot. Davor brannte eine schwarze Kerze. Das reichte schon mal, um einem Teil des Publikums den Verstand zu rauben. Der Rest machte die Aura mit Lachen und Reden an der Bar etwas zuschande. Doch auch vorm Podium blieb die ganz tiefe Faszination etwas aus. Riti Oculti bezirzten und verstörten in erster Linie durch ihre Ästhetik und sich Nattern gleich bewegenden Frauen (die auch das Sagen hatten), verloren sich aber zugleich in deren Wechseln mit anderen Instrumenten. So lieferte die verletzte Marchetti mit übergeschlagenem Bein ein feinnerviges Zwischenspiel an der Gitarre, Mastracco verlustierte sich an verschiedenen Perkussionsteilen. Die Mahnungen des Tonmeisters gleich zu Beginn zur Eile waren das Eine. Das voller Okkult und schwarzer Magie steckende (und fast vollständig zelebrierte) Album 'Tetragrammaton' das Andere. Doch im Grunde trieb Riti Occulti ganz andere Sorgen: die um ihre italienische Heimat, in der heute wiederholt die Erde bebte!
Auf das Latium folgte die Lombardei. Während draußen die Sonne auf niederländischen Boden brannte, machten drin im Baroeg BLACK OATH aus Mailand den doomigen Doppelschlag aus Italien perfekt. Obwohl sie nahezu das gleiche Programm in der gleichen Liedfolge wie vor einem Jahr beim „Hammer of Doom“ spielten, und sie mit den Zorath-Brüdern E.A. an Bass und Mikro sowie Chris hinterm Schlagzeug, dazu den Gitarristen Bonnie Rozz und Gabriel in alter Besetzung antraten, wirkten Black Oath heute wie eine andere Gruppe. Nachdem ich sie damals mit ihrem okkulten Black Doom so schnell ins Herz geschlossen hatte, kamen Black Oath - Scusi, liebe Italiener - heute bei mir gar nicht gut an. Die ewig gleichen Gitarrenposen von Bon R. wirkten auf Dauer zermürbend. Dazu frönte Vokalist A.th allzu sehr Pentagram und den Siebzigern. Alles wirkte friedlich, fast blumenkinderhaft. Wer kennt nicht den Frust, wenn eine gute Band auf einmal anders klingt? Ich hatte mehr Magie und schwarzmetallisches Geschoß erwartet.
Dröhnende Bässe, hypnotische Klangschleifen, verstörendes Röcheln, sich manisch biegende Körper, nahezu totale Finsternis - all das kennt man zwar. Dennoch hatten die Niederländer GGU:LL ihren Auftritt schön in Szene gesetzt und veredelten ihn mit dem Reiz des Untergrunds. Leider war ich mit dem Stoff der Ván-Records-Zöglinge nicht vertraut, und vom Umfeld der diesjährigen Doom-Days auch ingesamt gehemmt. Kurzum: Bei Ggu:ll war für jeden Drone-Doom-Junkie Headbangen Pflicht. Doch kaum einer der sechzig Anwesenden rührte sich. Die Herren mit den änigmatischen Pseudonymen WvdV, GJK, DvB und BW hielten die Spannung durch ein diffuses Gefühl hoch und wurden zum Finale richtig klasse. Zum Lohn durfte die Gruppe aus Tilburg ihr Programm am Anfang und Ende um insgesamt neun Minuten erweitern.
Halb sieben schlug die Glocke für OFFICIUM TRISTE. Die Lokalmatadoren um die einzig verbliebenen Originalmitglieder Pim Blankenstein und Gerard de Jong wollten sich zum Doppeljubiläum des Klubs und des Festivals etwas Spezielles ausdenken. „Schauen wir morgen“, hatte Pim mir am Abend zuvor gesagt. Doch es kam, wie es kommen mußte: Officium verpaßten ihrem zuletzt so faszinierenden Doom vor heimischer Kulisse den gewohnten familientauglichen Touch, und schlingerten zwischen Schmus und Schwermut hin und her. Das konnten weder die Feyenoordfahne noch die beiden nie zuvor gebrachten „To the Gallows“ und „World in Flames“ versöhnen. Dazu kam die seltsame Performanz der beiden neuen Saitenmänner, die tanzend und wie Honigkuchenpferde grinsend ihr eigenes Ding machten. Bezeichnenderweise war das finale „Like Atlas“ einer gewissen Anita gewidmet, die jedoch draußen an der Bar saß. Trotzdem wurden Officium von der Hundertschaft im Baroeg frenetisch gefeiert. Death-Doom-Fans blieb das gute Karma indes verwehrt.
Mit der Bandgründung 1992, zig Split- und sechs Studioalben (das aktuelle trug den Titel 'Rust & Bone') waren MOURNING BELOVETH aus der irischen Grafschaft Kildare die Hochkaräter der diejährigen Doomtage; und sie hatten mit ihren Frontmännern Moore und Brennan sowie Trommler Johnson immerhin noch drei ihrer Gründer dabei. Nach zwei Berührungen bei „Doom Shall Rise und in der „Belgian Doom Night“ anno 2004 kam es für Peanut und mich nach langer Zeit zu einer neuen Berührung mit dem Quintett von der grünen Insel. Mangels Verpflegung im Baroeg, hatten wir uns zuvor noch in „Inkie´s“ Imbissbude quer über die Straße gestärkt und von der ersten Viertelstunde nichts mitgekriegt. Doch es hatte sich nichts geändert: Beloveth spielten ihren gleichen melodischen Death Doom wie immer. Wie so oft: Musik ist Geschmackssache, und unser Kumpan aus Köln fand - im Unterschied zu uns - am Wellental aus Angst, Verzweiflung und Niedergeschlagenheit viel Gefallen. Die zugestanden 75 Minuten schöpften Moore, Brennan & Co. nicht aus.
MONOLITHE ließen ihrem ersten Lied Salutionen und Ehrbezeugungen für die Auftrittsmöglichkeit bei diesem prestigreichen Fest folgen. Das Septett aus Paris spielte unendlich ästhetisch. Richtig überzeugen konnte mich die Mischung aus Kopf- und Bauchmusik trotzdem nicht. Die Franzosen verbeugten sich vor Gruppen wie Thergothon, Skepticism oder Worship, sie bedienten sich im sinfonischen Funeral Doom, und streuten neben gutturalen Grunzlauten auch pompöse Orgeln ein, um Größe und Ewigkeit zu bewirken. Aber ihr Auftritt hatte auch Längen und kam etwas gefühlskalt daher... Zu meinem erstaunlichsten Moment wurde die Herzung durch Vrouw Bettina vom Baroeg, die mich mitten in der Schau der Franzosen unvermittelt und sehr heftig an sich drückte.
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
TREURWILG
(14.00-14.42)
1. The Inflammation of Our Blood
2. Labyrinth
3. As His Final Light is Fading
4. The Vacant Void
5. Departure
 
RITI OCCULTI
(15.06-15.46)
Intro
1. Adonai I
2. Aurum
3. Beri´Ah
4. Desert of Soul
5. Assiah
6. Adonai IV
7. Alcyone
8. I´m Nobody
 
BLACK OATH
(16.05-16.50)
1. Wicked Queen
2. Witch Night Curse
3. Death As Liberation
4. Healing Hands of Time
5. Horcell the Temple / Drakon, Its Shadow Upon Us
6. To Below and Beyond (Ars Diaboli)
7. The Black Oath
******
8. Obsessed by Moonlight
 
GGU:LL
(17.11-18.05)
1. Hoon
2. Dwaling (Gehirn und Abgrund)
3. Het smerige kleed van de ziel
4. Waan
5. Het Masker van de wereldt afgetrocken
6. March 28 1941, drowning
 
OFFICIUM TRISTE
(18.30-19.30)
1. The Sun Doesn´t Shine Anymore
2. To the Gallows
3. Bittersweet Memories
4. World in Flames [unreleased]
5. My Charcoal Heart
6. Like Atlas
 
MOURNING BELOVETH
(20.00-21.09)
1. Godether
2. The Sickness
3. In Mourning My Days
4. The Weeping Song
5. A Terrible Beauty is Born
 
MONOLITHE
(21.56-23.00)
1. Unknown
2. Monolithe II
3. Unknown
4. The Barren Depths
5. Monolithe I
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((((((Heiliger Vitus)))))) , 4. November 2016