OFFENE LANDESMEISTERSCHAFT BERGFAHREN SACHSEN 14. ERZ-BERGPREIS Waldkirchen, 3. Oktober 2022 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Prolog Anfang Oktober endete die Straßensaison der Radsportler. Die Teilnehmer am Saisonfinale wurden vor die Aufgabe gestellt, auf einer Bergsprintstrecke ihr Kletterkönnen zu beweisen. Nach der letzten Sachsenmeisterschaft, dem Unwetterrennen vor genau drei Jahren in Witzschdorf, und den Ausfällen 2020 und 2021, war diesmal das benachbarte Waldkirchen ausersehen worden. Veranstalter war erneut der RSV Venusberg, ein Zentrum des sächsischen Radrennsports. Da die Titelkämpfe in zwei Läufen mit einer viertel Stunde Abstand zwischen den einzelnen Altersklassen stiegen, wurde dieser Herbsttag zu einem weiteren langen Sporttag. Einhundertfünfzig Fahrer aus Ost- und Westdeutschland wollten zu den neun Wettkämpfen kommen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: DIE STRECKE ::. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das Rennen war ein Bergfahren, das sich mit seinen 2100 Metern den Titel eines Bergsprints verdienen konnte. Es startete im Waldkirchener Ortsteil Zschopenthal (453 Meter über N.N) aus dem Stand bergauf und führte als Ortsdurchfahrt bis vor die Einmündung auf die Hauptstraße nach Grünhainichen, wo sich das Ziel befand. Auf dem gefürchteten, leicht geschlängelten Biest vom Tal der Zschopau durch die Dorfstraße waren nahezu gleichmäßig 14 Prozent Steigung und ein Höhenunterschied von 175 Metern zu überwinden. Wie im benachbarten Witzschdorf war die Fahrbahn schmal und verlief auf glattem Asphalt. Doch der unrhythmische Anstieg in Witzschorf war schwerer. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: DAS RENNEN ::. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
War es Schwarze Magie? Eine böse Verheißung? Vorsehung? Auf jeden Fall war meine Nacht vorm Rennen wieder einmal verhext. Früh ins Bett gegangen, suchten mich dort alle möglichen Gedanken heim... bis ich Mitternacht ein höllisches Jucken am Arm spürte. Im Grunde war Waldkirchen für mich gestorben bevor es begann. Der Wecker setzte dem Spuk halb fünf ein Ende. Wasser rieselte am Fenster hinab. Zum letzten Rennen im Jahr hatte Thor, Zeus, Petrus, Werauchimmer Kälte, Wind und Regen heraufbeschworen! Unsere neue Sportchefin „Franni“ Lindner hatte mir die An- und Abreise im Bus des Dresdner SC angeboten. Aber da Waldkirchen auf dem Weg in Richtung Westen lag und ich mit meinem Mädel sowieso zurück in die zweite Heimat Frankfurt mußte, fuhren wir auf eigene Faust hin, und sparten so 100 Kilometer Fahrtweg. 6 Uhr 45 ging die Reise los. Vor Chemnitz knickte die Straße nach Süden weg und führte durch mittelsächsische Nester, unter anderem Augustusburg, wo heute das große Oldtimertreffen stieg. Geradezu gespenstig schimmerte zuweilen Sonne durch die milchig verschleierten Gipfel, Wälder und Wallawalla-Felder des Erzgebirges. Halb neun trafen wir vor der Anmeldung in der alten Rolle-Mühle am wilden Fluß Zschopau ein. Die Mannschaft vom DSC-Bus begrüßte uns. Wir entschieden uns jedoch zum Parken oben am Ziel... wo wir - Weiße Magie? - gerade noch so einen Platz vor der Kirche und dem Friedhof der Tausend-Seelen-Gemeinde ergatterten... Der Bergkampf wurde in zwei Halbetappen ausgetragen. Den Auftakt bildete ein Massenstart. Als zweiter Tagesabschnitt folgte dann eine Verfolgung nach der Gundersen-Methode. Der Verfolger war von jedem einzeln zurückzulegen, und zwar entsprechend der Platzierung und des Zeitabstands vom ersten Lauf, der Schnellste des Massenstarts zuerst. Auf der Fahrt in der langen Serpentine parallel zur Rennstrecke hinab ins tief eingeschnittene Zschopenthal wäre ich fast erfroren. Unten angelangt, schlug mein Herz auf der letzten Speiche... | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vor Beginn des Rennens hatte es Absagen gehagelt, ein Viertel wollte nicht dabei sein. Die Gelegenheit war also günstig und der Weg nicht weit, wieder mal einen Titel zu holen... Nach dem MASSENSTART der Amateure, Männer und Junioren ab 9 Uhr gingen im vierten Rennen um 9.45 Uhr die Masters auf die Reise. „Zwanzig waren gemeldet. Dreizehn stehen am Start. Hoffen wir, daß wir drei für die Landesmeisterschaften zusammenkriegen.“ Mit dieser Äußerung des Kommissärs schien mein Traum zerbrochen. Die nächste Schwierigkeit drohte beim Anfahren am Berg: Die Startlinie lag zweihundert Meter oberhalb der Zschopau an der Krumhermersdorfer Straße mitten im Anstieg. Wer nicht auf Anhieb ins Pedal fand, kippte um. Nach hundert ruhigen Metern mußte ich die Überlegenheit der deutlich Jüngeren anerkennen. Im Kampf um den ersten Platz in meiner Altersklasse trug ich indes den Sieg davon. Das härteste Ringen stand mir dabei mit dem Chemnitzer Kluge bevor. Nachdem Kluge mich auf der Hälfte einfing und ich froh war, sein Hinterrad halten zu können, wogte der Kampf lange Zeit unentscheiden hin und her. Das Tempo war niedrig, aber weder der eine noch der andere von uns konnte einen Vorteil erringen. Erst auf den letzten vierhundert Metern entschied die Kraft zu meinen Gunsten. Kluge platzte regelrecht. Mit einer Zeit von 8:54 Minuten für die zwei Kilometer kam ich auf der achten Stelle aller Mastersfahrer ins Ziel. Schnellster war der neue Masters-3-Weltmeister Michael Schaefer. - - Nun waren mehr als zwei Stunden bis zum VERFOLGUNGSRENNEN durchzustehen, das 11 Uhr begann. Leider wurden die Startzeiten der einzelnen Fahrer nicht bekanntgegeben. Franni half mir auf die Sprünge. Demnach war ich um 12 Uhr 17 dran. Regen fiel. Wind blies. Und kein Schutz weit und breit. Also harrte ich im Auto aus - mit Peanut neben mir, und dem Gottesort vor Augen. In der Pause streckte mit Kuniß ein arrivierter Masters-3-Fahrer die Waffen. Nachdem ein Viertel aller Gemeldeten mit einem „DNS“ (Nicht am Start) in den Ergebnislisten des ersten Laufs standen, traten im Finallauf nur zwölf Mastersfahrer an. Halb zwölf kletterte ich wieder aufs Rad, versuchte, Wärme in den Körper zu bekommen, und rollte schlotternd die nasskalte Serpentine hinab zum Start. Ich hatte 24 Sekunden Vorsprung auf Kluge. Vom Peng weg mit voller Kraft durchziehen? Oder herankommen lassen und kontern?, hatte ich überlegt. Doch von hinten kam niemand. Dafür stachelten etliche Anwohner die Akteure an. Eine Katze kreuzte den Asphalt. Letztlich konnte ich den Vorsprung halten, und bewältigte die entscheidenden zwei Kilometer im Alleingang. Den Kampf um die bronzene Medaille gewann der Thüringer Zettl vor Lehmann, Berlin. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Finale Da die Wettkampfbestimmungen drei Fahrer aus Sachsen im Ziel verlangten, stand der Meistertitel auf der Kippe. Die Jury dachte über eine Änderung von „Landesmeisterschaft“ in „Bestenermittlung“ nach. Ein Uhr mittags begannen die Ehrungen. Der Nachwuchs des Dresdner SC verzeichnete vier Medaillenränge. Ein Trainingskamerad von der Radrennbahn wurde Dritter bei den Jedermännern. Dann wurden die „Oldies“ aufgerufen. Die Ersten des Erz-Bergpreises bekamen einen Siegerpokal, eine Schärpe in den Nationalfarben, ein Bergtrikot und eine Tüte voller Sachpreise, darunter ein Buch, einen Rotwein, ein Glas und Mehl von der heimischen Rolle-Mühle. Die Hand des Bürgermeisters Arnold überreichte mir nicht nur Geschenke, sondern half mir überdies beim Schließen des rot gepunkteten Jerseys. Anschließend wurden die Gewinner der Landesmeisterschaft mit Plaketten, Urkunden und Blumen geehrt. Klein und bescheiden fühlte ich mich eingeordent in dem hofähnlichen Ehrungsort. Tausendfache Erinnerungen schoßen durch meinen Kopf. Vor Freude und Beglückung versagten mir die Worte, als Manuela Götze, Chefin des Sächsischen Radfahrer-Bundes, mir die Goldmedaille um den Hals hing. Ihr schlichter Händedruck und ihre glänzenden Augen bleiben unvergesslich. Mit Blick auf meine Dynamo-Mütze offenbarte sich der Sprecher als „Fan seit 1953“, dem Gründungsjahr von Dynamo Dresden. Peanut schoß Bilder und wir vertilgten zwischen Freunden und Kameraden Kaffee, Kuchen und Bier. Der Gang vom Zeremoniell zum Auto rief in die Wirklichkeit zurück. „Es ist schwieriger, die Trophäen heim zu transportieren, als den Berg hoch zu fahren“, rief Weltmeister Schaefer mir angesichts meines Kampfes mit dem Wind lächelnd zu. Das Fest war aus. Nach einer aufreibenden Fahrt erreichten wir am Ende der siebenten Stunde das finstere Frankfurt am Main... Danke von ganzem Herzen SRB-Chefin Manuela Götze Den Venusberger Radsport-Enthusiasten Robert Benedix für Straßentrainings und neue Reize Meine Peanut, dem BESTEN MENSCH DER WELT Meine Mutter, die bestimmt aus dem Himmel zugesehen hat Vitus, 5. Oktober 2022, Bilder: Peanut | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
.:: ZAHLEN UND ZEITEN ::. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wetter: regnerisch, 10ºC, mäßiger Wind aus Westnordwest (20 km/h) Typ: Bergfahren Länge: 2,1 km Im Ziel: 119 Elite-Amateure: 4, Männer: 3, Masters: 12, Junioren: 6, Jugend: 14, Schüler: 37, Weibliche Klassen: 20, Hobby: 23 Masters 4 Meldungen: 6 Am Start: 4 Im Ziel: 4 1. Mario Voland (Dresdner SC 1898) 8:54 2. Andreas Kluge (Chemnitzer PSV) 3. Andreas Zettl (1. RSV 1886 Greiz) 4. Lutz Lehmann (BSV AdW Berlin) Ergebnisse Rad-Net | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||