GU GUAI XING QIU, 14 INCH GENERAL
D-Frankfurt am Main, AU - 23. Juni 2006
Panem et circenses: Von den Römern ersonnen, das darbende Volk mit „Brot und Spiele“ bei Laune zu halten, fiel diese Rolle 2006 der Fußball-Weltmeisterschaft zu. Bier (Brot) und Fußball (Spiele) für Deutschland und den Rest der Welt! Fußballfan war man schon immer (doch, doch), und ab sofort hatten die Maulhelden der Nation auch noch den guten alten Nationalstolz wiederentdeckt. Selten war Deutschland so stolz darauf, Deutsch zu sein. Vier Wochen „die Welt zu Gast beim Weltmeister“. Ein Dauerfest der doppelbeflaggten Autos, Hupkonzerte auf den Straßen, „Fanmeilen“ und Rudelgucker, Sombreros in Deutschlandfarben, nationalgeschminkte Backen und Busen. Selbst komputerdegenerierte Kinder entdeckten den Ballsport für sich. Singen, Tanzen, Fröhlichsein bis zur Schmerzgrenze. Bah! - Mitten in die Volksbespaßung auf Zeit platzte ein Konzi im besetzten Haus von Rödelheim. Eine Sonnenwendfeier in den Farben des Punk - zu denen bis zum 18. Juni auch Zimbl, der Sänger der Punkband The Bates, zählte. Mit Zimbl verband meine Freundin Peanut eine Freundschaft seit Jugendtagen. In der Nacht zum 18. Juni, ihrem Geburtstag (!), hatte Zimbl diese Welt verlassen. Bekannte konnten ihn nicht erreichen und hatten nach zwei Tagen die Polizei geholt. Zimbl ist nun an einem schöneren Ort, zumindest im Himmel des Bubblegumpunk......
 
Zum Konzert.
Weil zehn Minuten vor Mitternacht noch immer nicht mehr als 15 Leute den Weg in den Keller gefunden hatten, bliesen 14 INCH GENERAL endlich zum Angriff. Im Wortsinne. Bei den Inchies kam ein Dudelsack zum Einsatz. 14 Inch General - benannt nach dem längsten Dildo der Welt wie auch nach einem „kleinen General“ (Gruß an Bush) - bestanden aus einem Franzosen, einem Schweizer, einem Polen, einer Rumänin und einem Deutschen, die Bremen als Exil wählten. Ferner war zu erfahren, daß sich die Brigade 2003 gründete sie zum ersten Mal durch die Welt zigeunerte. Dabei mußte gleich zu Beginn in Holland der speedabhängige Busfahrer gefeuert werden, weil er „auf dem Affen“ einen Hang zur Gewalt entwickelte, Heute endete der Ausflug. 14 Inch General mischten Folklore, Punk und Hardcore zu einem Crossover, der von Frontpartisanin Cejka Stojkas garstigem Mix aus Englisch, Deutsch, Spanisch, Rumänisch und Romani, sowie dem Gitarre und Dudelsack spielenden Nordlicht geprägt war (ein Punk mit dem Charme einer Kanalratte). In erster Linie ging´s gegen die Mächtigen, aber auch um Verbrechen an Zigeunern und Partisanen (in Rückprojektionen sah man Zigeuner im Ghetto und im KZ, sowie einen Punk, der eine Punkerin von den Gleisen rettete). Zudem huldigten die Internationalen dem Alltag und dem grauen Bremen im gleichen Maße wie der Weltmeisterschaft - mit einer schönen Nummer über Ficken, Saufen und Fußball. Dazwischen auch mal was Instrumentales - visuell unterlegt von den Lettern „Do you really need words to express yourself?“; und immer wieder Geschrappel, laut und schnell; und Pipes, die für gehörig Flair sorgten. Das alles endete mit einem Hochlied der Stojka auf ihre Heimat der Roma. Für P. waren die 14er die bislang Besten in der AU.
Zur fortgeschrittenen Stunde von 1 Uhr 15 traten GU GUAI XING QIU auf den Plan, um den Laden mit Spermaschlachten und Adrenalin aus der aufkommenden Schwäche zu rütteln. Und das ist ihnen verdammt noch mal gelungen! Mit GGXQ gab es einen weiteren Pakt der Nationen - drei Franzosen (aus Nancy) und ein Chinese (aus Wuhan) - und eine weitere punkuntypische Besonderheit: Gu Guai Xing Qiu arbeiteten mit nur einer Gitarre: einer Bassgitarre. In Gestalt waren das Fonk (der Chinese, Baß und Stimme), Aurel (Elektroniks und Schreie), Ben (Schreie) und Alex (Schlagzeug und Stimme). Schräge Besetzung, unaussprechlicher Name - „Gu Guai Xing Qiu“ steht im Chinesischen für einen seltsamen Planeten respektive unseren wahnsinngen Globus -, schiefe Musik: Es war ein Experiment aus Grindcore im Stile früher Napalm Death, Hardcore, Thrash und gelegentlicher Doom-Endzeit. Eine völlig durchgebrannte, infernalische Krachbombe, konstruiert aus einem mit furchterregenden Kreischen, hochfrequentem Keifen und morbidem Grölen ausgetragenen Duell zwischen dem „Sänger“ und dem Keyboarder, aus spirituellen bis jazzigen Bassläufen, kosmischen Elektronika und rumpelnden Trommeln. Kein Teil überlebte die Dreiminutenmarke. Manche krepierten nach wenigen Sekunden. Und das alles mit einem Maximum an Aggressivität und Brutalität. „Electrogrind“, nennen es die vier selbst. Neuer Grindcore, dargeboten mit Volldampf und maximalem Körpereinsatz. Wobei Django-Ebenbild Aurel mit seiner äußerst sympathischen Ausstrahlung und den unter selbstzerstörerischem Headbanging zelebrierten, markerschütternden Schreien noch herausstach. Gu Guai Xing Qiu waren Terror, Chaos, arschgeil und saucool! Kurz vor zwei Uhr nachts war alles vorbei.
 
Und die Fußball-WM? Vorausgesetzt die Kicker versagen nicht, wird sich Schaf Mensch bis zum Endspiel in einem vierwöchigen Kollektivrausch befinden. Und was dann? Was, wenn nicht mehr Klinsi und Klose regieren? Das böse Erwachen? Zurück zu „Agenda 2010“ und ab in die Armutsfalle „Hartz IV“? Halb vier (dreizehneinhalb Stunden vorm Achtelfinale Deutschland gegen Schweden) sind Frl. P. und ich eingeknackt.
 
 

Heiliger Vitus, 26. Juni 2006
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
14 INCH GENERAL
(23.50-0.50)
1. 14 Inch General
2. Los Tomatos Pertidos
3. Worker´s Autonomy
4. Ranters
5. Passion Debil
6. Dire Gelt
7. Squat the Future
8. Irre-Versibel
9. Textlos
10. Amenza Ketane
11. Renegado
12. Inferiority Complex
13. Lost Key
14. Uns geht´s gut
15. Really?
16. Rumania
 
.:: GU GUAI XING QIU ::.
(1.15-1.49)
1. Morco intro
2. praying mantis vs 4x4
3. le R.O.C a billy
4. superman together
5. crazy train
6. Oh Yeah!!!!!
7. sperm battle
8. nouvo morco
9. magic box
10. aimes ton chien
11. 31th century
12. science is slave
13. Pilou
14. olympic robots games and war of the nations
15. war of dogs
16. .......
17. Seuls
18. on a trouvé du pétrole