BLOOD OF THE SUN, VERSUS THE STILLBORN-MINDED, SPANCER
D-Frankfurt am Main, Die Halle - 26. März 2007
(((o))) Das Leben ist tot. Das Leben bleibt tot. Und wir haben es getötet! Unter der Parole „In Blood We Rock“ fand im März kreuz und quer zwischen Nancy und Berl, Winterthur und Bremen, die Europa-Tour der US-Rocker Blood of the Sun mit der Speerspitze des deutschen Sludge in Gestalt von Spancer und Versus The Stillborn-Minded statt. Die vierte von neun Stationen (Frankfurt) durfte ich zu gewissen Teilen auf meine Fahne schreiben (die Nummer drei in der Liste von mir mitorganisierter Konzerte). Holger von den Cottbusser Low Man's Tune hatte mich nach einem Auftrittsort für Versus gefragt. Ende Januar kam der Karren ins Rollen... und neun Wochen und zig elektronische und papierne Depeschen, Anrufe, Canossagänge und Plakatieraktionen stand der Troß in Fechenheim. - - Um sieben öffnete sich das Tor zu Frankfurts geilstem Metalklub. 27 Zahlende zum Eintritt von neun Euro, dazu 15 Akteure und ein halbes Dutzend Gäste und Personal: Mit diesen fünfzig war „Die Halle“ zu einem Drittel gefüllt. Unter den Besuchern weilte ein gewisser „Doomimkopf“ Strugatzki, der erst zwei Stunden vor Beginn vor seinem Karlsruher Komputer ganz zufällig auf das Konzert gestoßen - und halsüberkopf nach Frankfurt gebrettert war. Ferner die Clique aus dem rheinhessischen Wörrstadt, ein langhaariger Doomsack aus Darmstadt, Awo-Kampfgenosse Jochen, die Reporter von „Metalspheres“, Till von Elvenpath, sowie zwei heiße Stricke aus Mainz für den Bassisten von Versus und meinem persönlichen Todesengel, Torsten T. (jenem war zur Mittagsstunde mit ungültigem Paß der Grenzübertritt von den Niederlanden geglückt - weshalb er nachmittags gleich noch einen Besuch auf dem Paßamt in Frankfurt einlegte).
„Sag nein zum Leben!“ könnte das Büchlein heißen, auf dem Münz, Wiese, Wedemann, Kappe und Weihe zuletzt geratzt haben. Nicht genug damit, daß SPANCER heute Kalkeimern glichen - der Käptn hatte bis kurz vor der Schau mehr tot als lebend im Schlafsack gelegen -, nein, die wilden Herzen sollten auch auf den Planken ungewohnt kalt schlagen. Dabei hatte mit „The Beat Goes On“ alles so paralysierend angefangen. Doch gleich mit der „Art of True Mastership“ kam´s zum gravierenden Einbruch. Das Quintett aus Norddeutschland, eine Institution im Doom, wirkte wie froststarr und verloren in einem Labyrinth aus diffusen Fragmenten, Bässen und psychotischem Gekrächze. Der unglaubliche Zauber, die Faszination, die von den überbordenden Brechern 'Countdown To Victory' und 'Slowly We Rock' ausgehen, schimmerten heute nur zu Beginn durch und verpuffte rasch im Nullkommanix. „Die Bässe sind etwas schwach.“ - „Wir sind heute auf Diät.“ Dieser unscheinbare Jux zwischen Markus und dem Käptn: Waren das Risse in der Gruppe? Lagerkoller? Oder nur Folge ihrer Pflanzenfresserei, Energielosigkeit nach dem vierten Tag auf Tour? „Schlagt eure Zähne in rohes Fleisch!“, möchte man den Jungen zurufen. „Trinkt Bier! Folgt Kappe und laßt euch Haare wachsen!“ Aber vielleicht war es ja auch nur eine Folge der dienstbedingten Abstinenz Spancers im Vorjahr, fehlende Abstimmung, oder das abwesende Publikum... Wer weiß... Vielleicht waren auch meine Frequenzen zum Geschwader Spancer heute gestört. Jedenfalls hatte ich ein unbestimmtes Gefühl, und Spancer schlossen nach 37 Minuten mit einem Neuen namens „(Like A) Phoenix“. Möge sich der Titel auf die Schwertkämpfer der Psychokalypse übertragen. Mögen Spancer in Unfrieden ruhen! Keine Spancer kein Doom! Punkt.
Es folgte Phallus-Power mit den Sludge-Aktivisten Boris, Torsten, Robin (in „Fuck Spancer“-Fetzen), Satti und Sturmkind. Wer mich kennt, weiß, daß VERSUS THE STILLBORN-MINDED für mich Lebens- und Sterbehilfe in einem sind. Das Rudel aus Nürnberg ist Seelenheil für mich! Boris hatte mich nach einer Wunsch-Setliste gefragt. Sie lautete: 1. „Climax of Delusion“ (als Einführung der Unkundigen in den Doom), 2. „Stormborne I“ (eine Reise in die Vergangenheit mit dem ersten Stück, daß ich von VTS-M live sah), 3. „Victims of Imperfection“ (etwas Hardcore für die als Knechte ins „Leben“ Geschickten), 4. „Vivamus Ergo Delibimur“ ( „Wir leben, folglich werden wir vernichtet“...), 5. „No Land´s Man“ (mein Geheimfavorit), und 6. „Jesus´ Tod“ (eine Burzum-Peitsche in mittlerer Geschwindigkeit als finalen Totschläger). Die Burzum-Zugabe wurde durch eine brandneue Parabel mit dem Arbeitstitel „Steele of Death“ ersetzt, und vor „Vivamus“ gestellt. Der Rest lief nach meiner Vorgabe. Ab 22.05 Uhr brodelte auf der Bühne ein Kessel aus langhaarigen, halbnudistischen und sich manisch krümmenden und im Staub wälzenden Freaks; ein unbändiger Sturm aus lauten, verzerrten, dunklen und morbiden Klängen in tiefsequenzigster Zeitlupenekstase und von bester Qualität; ein metaphorisch-guttural herausgeschrienes Fegefeuer aus Verzweiflung, Pein, Aversion, Aggression und totalem Nihilismus. Kurz: der tongewordene Weltuntergang, Doom auf höchster Ebene und Spiritualität am Anschlag. Zum Kopfverlieren. Im doppelten Sinne... Eine schöne Welt, die sich mit keinem Wort der Welt wiedergeben läßt. Regiment des Doom für fünfzig Minuten. Zum Sterben schön! Der Frankfurter Auftritt von Versus The Stillborn-Minded war einer der durchdringendsten, atemraubendsten und umwerfendsten, die ich in zwei Jahrzehnten an der Front erleben durfte. Spätabends um kurz vor elf war alles vorbei........... Wenn zwei der Mitglieder ihre Warnung, der Heimat im Sommer den Rücken zu kehren, um ihr Glück in Norwegen und Kanada zu suchen, wahrmachen, werde ich folgen - oder ohne Versus The Stillborn-Minded sterben müssen!
Final fackelten die um Trommelsöldner Henry Vasquez und den keyboardenden Lottomillionär Gryder plazierten Heavy Rocker Yma, Tompkins und Hurley alias BLOOD OF THE SUN aus den U.$. of A. ein ziemliches Feuerwerk ab. Es setzte ein Spektakel aus dem Prog der Siebziger und dem Hardrock der Achtzigerjahre mit einem Schuß Südstaatenblues; eine atemlose Hatz um die tourbetitelnde Platte 'In Blood We Rock' mit den Herausstechern „The Wizard“ und „Burnin´“; ein Tornado aus harten Gitarren, wuchtigen Orgeln, wildem Trommelwirbel und der leidenschaftlichen Stimme von Señor Vasquez. Die Halle erlebte Krach mit irrem Bums - aber wenig Tiefe (sofern man Doomer ist). Bezüge zum Doom gab´s maximal in Gestalt von Vasquez wegen dessen Mitwirken bei den Sludgern Sourvein. BotS produzierten eine brachiale „Wall of Sound“, die etwas übersteuert rüberkam, und von der nur der an vorderster Front die Meute aufpeitschende Vasquez im Gedächtnis blieb. Zur Mitternachtsstunde - während einer Altigkeit von U.F.O., die Graf Christoph von der Halle auswählen durfte (in der Verlosung waren CCR, U.F.O. und eine Weitere aus der Steinzeit) - haben sich Jochen, Peanut und ich aus dem texanischen Oldie-Projekt ausgeklinkt. Die Amis haben bis halb eins gespielt.
 
Nachhall
Sichere Quellen berichteten anderntags von einer kräftigen Aftershow-Sause in der Halle bis fünf Uhr morgens, mit allen Musikern - außer dem etwas überkandidelten Millionär Gryder, der in ein separates Hotelzimmer eingebucht werden mußte. Der Rest nächtigte im Keller. Torsten sollte sich Stunden später tatsächlich zum Einwohnermeldeamt auf der Zeil schleppen und neue Ausweispapiere beschaffen. Am 27. März um 13 Uhr machten sich die Kameraden in Richtung Frankreich auf.
 
Danke
Jochen (JUZ Hausen)
Promotusse Evelin
Mathias (Mental Maps) und die Unbekannte von der Brotfabrik (für die Mitarbeit)
und ein ganz spezielles, powermetallisches Küsschen an
Chris Zistler (der das alles wahr werden ließ)
 
 

((((((Heiliger Vitus)))))), 30. März 2007
.:: ABSPIELLISTEN ::.
 
SPANCER
(21.05-21.42)
1. The Beat Goes On
2. The Art of True Mastership
3. (Like A) Phoenix
 
VERSUS THE STILLBORN-MINDED
(22.05-22.55)
1. Climax of Delusion
2. Stormborne I
3. Victims of Imperfection

4. Neues (Steele of Death / Tomb of Hate)
5. Vivamus Ergo Delebimur
6. No Land´s Man
 
BLOOD OF THE SUN
(23.25-0.30)
Unbekannt (BotS spielen immer ohne Liste)